Begriff

Stille Reserven sind Bestandteile des Eigenkapitals eines Unternehmens, die nicht in der Bilanz ersichtlich sind. Man bezeichnet sie oft auch als "verstecktes Reinvermögen" oder "versteckte Rücklagen". Sie stellen den Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert und dem tatsächlichen Wert von Aktiva und Passiva einer Bilanz dar. Stille Reserven entstehen in der Regel durch das Ausnutzen von Bewertungsspielräumen bei Vermögensgegenständen und Schulden, für die eine Bilanzierungspflicht oder ein Bilanzierungswahlrecht besteht, wie beispielsweise durch Unterbewertung von Aktiva oder Überbewertung von Passiva durch Ansatz von überhöhten Rückstellungen.

Aus der gewinnmindernden Wirkung bei Bildung der stillen Reserven resultiert oftmals ein Steuerstundungseffekt, so dass die stillen Reserven ein gern gesehenes Mittel der Bilanzpolitik eines Unternehmens sind. Sie werden meist dann gewinnerhöhend aufgelöst und versteuert, wenn der betroffene Vermögensgegenstand entnommen oder veräußert oder die Rückstellung aufgelöst wird.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das Handelsrecht beinhaltet keine spezielle Vorschrift für stille Reserven; vielmehr bilden sich stille Reserven durch die Ausnutzung gesetzlicher Bilanzierungs- und Bewertungsspielräume. Wichtige gesetzliche Regelungen finden sich in § 248 HGB (Bilanzierungsverbote und -wahlrechte) und § 253 HGB (Nominalprinzip, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Niederstwertprinzip). Stille Reserven können weiterhin entstehen

Das Handelsrecht schreibt zudem vor, dass der Bilanzierende vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes alle Vermögensgegenstände und Schulden vorsichtig bewerten muss.[1] Werden dabei vorhersehbare Risiken und Verluste zu vorsichtig berücksichtigt, können stille Reserven entstehen, die später aufzulösen sind.

Zusätzlich ist § 253 Abs. 2 HGB zu beachten. Hiernach sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als 1 Jahr mit dem ihrer Laufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre abzuzinsen. Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen werden dagegen mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz aus den vergangenen 10 Geschäftsjahren abgezinst.

[1] Vgl. Vorsichtsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge