2.1 Einordnung

 

Rz. 2

Innerhalb des Stiftungsrechts sind 3 Rechtskreise zu unterscheiden, aus denen sich Regelungen bezüglich der Rechnungslegung der Stiftung ergeben können: das Bürgerliche Gesetzbuch, die Landesstiftungsgesetze und möglicherweise – soweit dort Regelungen hinsichtlich der Rechnungslegung getroffen werden – die Stiftungssatzung.

2.2 Bürgerliches Gesetzbuch

 

Rz. 3

Für rechtsfähige privatrechtliche Stiftungen galten über § 86 Satz 1 BGB a. F. bisher die Vorschriften des BGB bezüglich rechtsfähiger Vereine[1] und damit auch die dortigen Vorschriften zur Rechnungslegung (§§ 259, 260, 666 BGB).[2] Durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts wurde § 86 Satz 1 BGB a. F. zwar durch § 84a Abs. 1 Satz 1 BGB ersetzt, dieser ist inhaltlich jedoch der Regelung des § 27 Abs. 3 BGB nachgebildet. Dies gilt gegenüber den Landesstiftungsgesetzen allerdings nur subsidiär,[3] da die Rechnungslegung der Stiftung eine wesentliche Voraussetzung der Stiftungsaufsicht ist. Deren Regelung obliegt daher den Landesstiftungsgesetzen.[4]

 

Rz. 4

Dem steht in diesem speziellen Fall Art. 31 GG ("Bundesrecht bricht Landesrecht") nicht entgegen, da es sich hier um dispositives Recht handelt, das auch im Rahmen der Stiftungssatzung modifiziert werden kann (vgl. § 84a Abs. 1 Satz 3 BGB).[5]

 

Rz. 5

Hinsichtlich des Umfangs und der Ausgestaltung der Rechnungslegung ist beachtlich, dass das BGB immer noch keine entsprechenden Regelungen enthält.[6] Im Bedarfsfall muss die Rechnungslegung der Stiftung jedoch die Feststellung der Überschuldung ermöglichen (vgl. § 87b BGB).[7]

 

Rz. 6

Insgesamt handelt es sich bei den im BGB enthaltenen Regelungen zur Rechnungslegung nur um einen Mindeststandard,[8] der im Vergleich zum Landesstiftungsrecht (siehe Rz. 7–15) und insbesondere im Vergleich zu den Anforderungen des Handelsrechts (siehe Rz. 18–24) nur als rudimentär bezeichnet werden kann.[9]

[1] Vgl. Merl, Stiftungen: Rechnungslegung, Kapitalerhaltung, Prüfung und Besteuerung, S. 99.
[2] Vgl. Haase-Theobald, in Wiegand/Haase-Theobald/Heuel/Stolte, Stiftungen in der Praxis: Recht, Steuern, Beratung, 4. Aufl. 2015, S. 136; Koss, Rechnungslegung von Stiftungen, 2003, S. 46 ff.
[3] Vgl. Sandberg, b&b 2000, S. 347; Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Aufl. 2016, Kap. 6 Rz. 3.
[4] Vgl. Orth, DB 1997, S. 1341.
[5] Vgl. Orth, DB 1997, S. 1341.
[6] Vgl. Löwe, Rechnungslegung von Nonprofit-Organisationen: Anforderungen und Ausgestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Regelungen in Deutschland, USA und Großbritannien, 2003, S. 61.
[7] Vgl. IDW RS HFA 5 2013, Rz. 13; Führer/Sassen, ZCG 2010, S. 227.
[8] Vgl. Haase-Theobald, in Wiegand/Haase-Theobald/Heuel/Stolte, Stiftungen in der Praxis: Recht, Steuern, Beratung, 4. Aufl. 2015, S. 136; IDW RS HFA 5 2013, Rz. 13; Walter/Golpayegani, DStR 2000, S. 701.
[9] Vgl. Merl, Handbuch Stiftungen: Ziele – Projekte – Management – Rechtliche Gestaltung, 2. Aufl. 2003, S. 893; Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Aufl. 2016, Kap. 6 Rz. 3.

2.3 Landesstiftungsgesetze

 

Rz. 7

In allen Bundesländern bestehen Landesstiftungsgesetze.[1] Sie sind eine der wichtigsten Rechtsquellen für Stiftungen,[2] auch wenn sich deren Bedeutung durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts insgesamt verringert hat. Die Landesstiftungsgesetze enthalten in allen 16 Bundesländern Vorschriften zur Rechnungslegung.[3]

 

Rz. 8

Zwecke der Rechnungslegung einer Stiftung sind die eindeutige Bestimmbarkeit des Stiftungsvermögens und der zur Verfügung stehenden Mittel sowie die Dokumentation über deren satzungsmäßige Verwendung und über die Kapitalerhaltung des Stiftungsvermögens.[4] Gegenüber den Aufsichtsbehörden haben Stiftungen mittels der Rechnungslegung vorrangig die ordnungsgemäße Verwirklichung des im Stiftungszweck manifestierten Stifterwillens nachzuweisen.

 

Rz. 9

In den Landesstiftungsgesetzen wird weitestgehend einhellig verlangt, dass Rechenschaft über die Verwaltung des Stiftungsvermögens abgelegt wird: Einerseits, indem Aufzeichnungen oder Bücher über die laufende Verwaltung geführt werden und andererseits, indem zum Ende des Geschäftsjahres ein Abschluss erstellt wird, der aus einer Jahres(ab)rechnung[5] und einer Vermögensübersicht besteht.[6] Darüber hinaus wird ein Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks[7] gefordert.[8]

 

Rz. 10

Die Forderung nach einem Abschluss zum Ende des Geschäftsjahres wird in einigen Ländern präzisiert. In Bayern und Schleswig-Holstein erfolgt dies durch die Anweisung, dass dazu eine "ordnungsmäßige Buchführung" notwendig ist.[9] In den Bundesländern Baden-Württemberg, Hamburg, Sachsen und Saarland wird sogar verlangt, dabei gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu verfahren.[10] Hinsichtlich der Begriffe Jahres(ab)rechnung und ordnungsmäßige Buchführung fehlt es aber in den Landesstiftungsgesetzen an einer Definition.[11]

 

Rz. 11

Trotz der Ähnlichkeit mit dem Begriff Jahresabschluss ist hinsichtlich der Begriffe Jahresrechnung[12] bzw. Jahresabrechnung[13] zu beachten[14], dass deren Bedeutung nicht mit der handelsrechtlichen Definition des Begriff...

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