Während der Tag der Durchsuchung faktisch der Steuerfahndung gehört (siehe oben Punkt 2.), kommt nun die Zeit der Verteidigung.

Ist ein Unternehmen als Dritter betroffen, weil z. B. Geschäftsführer oder andere Mitarbeiter Beschuldigte sind, so wird es ggf. einen Rechtsanwalt als Koordinator beauftragen, um die Handlungsoptionen zu klären und ggf. eine Strategie zusammen mit dem Unternehmen und den Verteidigern der verschiedenen Beschuldigten zu entwickeln. Selbstverständlich gilt die berufsrechtliche Regelung, dass Verteidiger ausschließlich ihrem Mandanten und nicht dem Unternehmensinteresse verpflichtet sind

 
Hinweis

Übernahme Beratungskosten

Fallen für ein Unternehmen Beratungskosten an wegen allein betriebsbezogener Straftaten seiner Mitarbeiter aus betrieblichem Interesse, so sind diese als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar. Die etwaige lohn- und sozialversicherungsrechtliche Problematik im Enzelfall soll hier nicht thematisiert werden.[1] Der Vorsteuerabzug aus Kosten für einen Strafverteidiger, der die eigenen Mitarbeiter verteidigt, ist jedoch ausgeschlossen.[2] In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass der Ausschluss der Vorsteuerabzugs für Anwaltsdienstleistungen auch dann gelte, wenn gleichzeitig neben dem Strafverfahren gegen einen Mitarbeiter auch eine Unternehmensgeldbuße im Raum stand. Die höchstrichterliche Rechtsprechung bleibt abzuwarten.[3]

Ob die Übernahme von Kosten für die Verteidigung von Organmitgliedern oder sonstigen Mitarbeitern zivilrechtlich zulässig ist (oder ggf. eine gar eine Pflichtverletzung im Sinne einer Untreue gem. § 266 StGB gegenüber dem Unternehmen sein könnte), kann nur im Einzelfall geklärt werden. Bei einer Übernahme von Anwaltskosten kann lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtiger Lohn vorliegen.

Im weiteren Ablauf wird der Verteidiger meist zunächst Akteneinsicht nehmen (§ 147 StPO). Seinem Mandanten darf er – von seltenen Ausnahmefällen abgesehen – eine Kopie der Akte zur Verfügung stellen. In größeren Wirtschaftsstrafsachen führen die Ermittlungsbehörden die Akten nicht selten elektronisch, so dass die Akteneinsicht in der Weise geschieht, dass eine DVD übersandt wird. In der Praxis bedeutet dies eine Datenflut, die auch bei der Honorarbemessung gegenüber dem Mandanten kommuniziert werden kann.

[1] (Kapp, NJW 1992 S. 2796).
[3] Haberland, UR 2022 S. 534 mit kritischer Auseinandersetzung mit dem dort zitierten Urteil des FG Düsseldorf v. 27.11.2019, 5 K 1538/147 U (nicht veröffentlicht).

3.1 Entwicklung einer Verteidigungsstrategie

Bei mehreren Beschuldigten sollte von Beginn an bedacht werden, dass sich die Interessen, die zu Beginn des Verfahrens ggf. noch im Gleichklang erscheinen, mit der weiteren Entwicklung des Strafverfahrens unterschiedlich entwickeln können. Je mehr einzelne Organe eines Unternehmens in den Fokus der Steuerfahndung geraten, umso mehr werden diese geneigt sein, einen unabhängigen eigenen Verteidiger zu beauftragen und allein ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Allerdings kann der Koordinator des Beraterteams versuchen, zumindest eine sog. Sockelverteidigung in Absprache mit allen Verteidigern zu erreichen. Sockelverteidigung ist zulässig und bedeutet, dass sich die Verteidiger der einzelnen Beschuldigten über Gesichtspunkte informatorisch austauschen, die alle Beschuldigten gemeinsam betreffen. Wenn sich ein Beschuldigter separiert, drohen ggf. Informationen an die Medien durchgestochen zu werden oder die Ermittlungsbehörden spielen dann die Beschuldigten gegeneinander aus.

Eine Verteidigungsstrategie sollte umfassend und realistisch in ihren Zielen und Methoden sein. In der Praxis zeigt sich, dass eine Strategie ggf. nachjustiert werden muss, da dem Verteidiger nicht von Anfang an alle Sachverhalte bekannt sind. Zudem sind die Handlungen der anderen Akteure (Ermittlungsbehörden, Gerichte, Zeugen etc.) oft nicht sicher kalkulierbar. Zur Entwicklung einer Strategie gehören Überlegungen wie z. B.

  • Welcher Sachverhalt ist bisher durch die Ermittlungsbehörde nachgewiesen worden? Welche steuer- und strafrechtlichen Konsequenzen ergeben sich?
  • Realistische Ziele sollten festgelegt werden. Optimales Ziel wäre die Einstellung des Verfahrens bzw. ein Freispruch. Welche Sanktionen, also z. B. Bußgelder oder Geldstrafen, sind unvermeidbar? Droht im Extremfall Untersuchungshaft? Gewerberechtliche Sanktionen, wie z. B. eine Untersagung des Gewerbebetriebes durch das Gewerbeaufsichtsamt und die Eintragung in ein Führungszeugnis sollten berücksichtigt werden. Ggf. bietet es sich an, Zwischenziele festzulegen. Die Erreichung von Zwischenzielen dient auch dem Erfolgsnachweis gegenüber dem Beschuldigten und erleichtert ihm die Ungewissheit des weiteren Verfahrens.
  • Die möglichen Vorgehensweisen der Verteidigung sollten unter steuerlichen und auch strafrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert werden. Hierzu kann ein Beraterteam gebildet werden.
  • Die (ggf. unterschiedlichen) Interessen der Beschuldigten und des Unternehmens sollten gesehen und de...

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