Leitsatz

1. Dient ein Darlehen, zu dessen Besicherung Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen eingesetzt werden, nicht dazu, unmittelbar und ausschließlich Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu finanzieren, sondern um ein bereits früher aufgenommenes Darlehen umzuschulden, so ist das i.S.d. § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG unschädlich, wenn der Kläger u.a. nachweisen kann, dass die Darlehensschuld bis zum 13.02.1992 bereits entstanden war.

2. Hat das "Altdarlehen" der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts gedient, so dient wirtschaftlich gesehen auch das umgeschuldete "neue" Darlehen (noch immer) der Finanzierung dieser Anschaffungskosten. Konnten die Lebensversicherungsansprüche daher zur Sicherung des "Altdarlehens" steuerunschädlich eingesetzt werden, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag steuerunschädlich.

3. Die sich im Rahmen des Üblichen haltende Finanzierung, die auch ein bankübliches Disagio umfassen kann, ist steuerunschädlich, weil das Darlehen lediglich der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dienen muss, nicht aber unmittelbar der Anschaffung selbst.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger erwarben 1987 ein Grundstück, das zum vermieten bestimmt war. Den Kaufpreis finanzierten sie zum Teil über ein Darlehen einer Lebensversicherungsgesellschaft, das über eine Lebensversicherungspolice derselben Anstalt abgesichert wurde. Im Jahr 1998 lösten die Kläger den Restbetrag des ursprünglichen Darlehens durch ein bei einer anderen Bank aufgenommenes neues Darlehen ab. An die neue Bank hatten sie ein Disagio von 10 % zu erbringen. Die Ansprüche aus dem ursprünglichen Lebensversicherungsvertrag traten sie zur Sicherung an die neue Bank ab.

Nach Auffassung des FA war eine steuerschädliche Verwendung der Lebensversicherung gegeben, weil mit der Umschuldung auch ein Disagio finanziert worden war. Dementsprechend stellte das FA die Steuerpflicht der Zinsen aus der Lebensversicherung fest.

Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt (FG Köln vom 22.06.2006, 10 K 3478/02, Haufe-Index 1561002, EFG 2006, 1509).

 

Entscheidung

Der BFH wies die dagegen eingelegte Revision des FA als unbegründet zurück. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung diene das neue Darlehen ebenso der Finanzierung der vermieteten Immobilie wie das ursprünglich aufgenommene alte Darlehen. Die Finanzierung eines erneuten Disagios im Zug der Umschuldung sei steuerunschädlich, weil sich das Disagio mit 10 % im banküblichen Rahmen gehalten habe.

 

Hinweis

1. Zur praktischen Bedeutung des Urteils, das zu ausgelaufenem Recht ergangen ist, sowie zu der nicht gerade übersichtlichen Normstruktur sei auf die Praxis-Hinweise zum BFH-Urteil vom 06.10.2009, VIII R 7/08 (BFH/NV 2010, 507, BFH/PR 2010, 131) verwiesen. In jenem Fall ging es um die Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Zinsen aus Sparanteilen in Beiträgen zu Lebensversicherungen aufgrund der Vorschrift des § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. c EStG.

2. In dem hier zu besprechenden Urteil geht es um die Voraussetzungen des Buchst. a dieser Vorschrift. Auch hier ging es um den Einsatz der Lebensversicherung zur Besicherung eines Darlehens, dessen Finanzierungskosten Werbungskosten waren, in diesem Fall bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Steuerpflicht der Zinsen aus den Sparanteilen konnte nur entfallen, wenn es sich um ein Darlehen handelte, das unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts diente, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung war.

a) Problematisch kann dies bei einer Immobilienfinanzierung werden, bei der nicht ein Darlehen unverändert fortgeführt oder nach Ablauf der Vertragsdauer beim selben Gläubiger prolongiert wird, sondern bei der das Darlehen umgeschuldet wird, sodass das ursprünglich aufgenommene Darlehen verschwindet und durch ein neues Darlehen eines neuen Gläubigers ersetzt wird.

Bei streng formaler Betrachtung wird durch das neue Darlehen keine zur Einkünfteerzielung bestimmte Immobilie finanziert, sondern im Weg der Umschuldung lediglich eine bestehende alte Darlehensverbindlichkeit ersetzt. Eine solche formale Betrachtung würde dem wirtschaftlichen Hintergrund aber nicht gerecht. Wirtschaftlich gesehen dient damit auch das "neue" Darlehen gleichermaßen wie das mit diesem abgelöste "alte" Darlehen, bei dem die Zinsbindungsfrist abgelaufen war, (noch immer) der Finanzierung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts. Wenn der Steuerpflichtige das Ursprungsdarlehen, für dessen Besicherung ursprünglich die Ansprüche aus einer Lebensversicherung steuerunschädlich eingesetzt werden konnten, aus ökonomischen Gründen umschuldet, ist nach dem Zweck der Regelung auch die Umschuldung und der dafür wiederum erforderliche Einsatz der Ansprüche aus dem Le...

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