Leitsatz

Auch nicht ausgezahlte Erträge müssen versteuert werden, solange der Anleger die Wahl hat, sich diese auszahlen zu lassen.

 

Sachverhalt

Die Kläger wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Ab 1987 traten sie in vertragliche Beziehungen zu einer GmbH, die sich mit der Vermittlung von Kapitalanlagen befasste. In 2001 stellte sich heraus, dass der Geschäftsführer der GmbH tatsächlich ein betrügerisches Schneeballsystem aufgebaut hatte, weswegen er schließlich auch strafrechtlich zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Die GmbH hatte dabei rund 2.800 Personen als Kapitalanleger geworben. Nach den Verträgen war vorgesehen, dass die Anleger eine Erfolgsbeteiligung von 70 % und die GmbH eine von 30 % erhalten sollten. Nachdem er zunächst tatsächlich Kontrakte mit realen Brokerhäusern abgewickelt hatte, fingierte der Geschäftsführer ab 1993 tatsächlich die Abrechnungen. Eingezahlte Gelder von Anlegern zahlte er als Renditen aus und legte den Anlegern Abrechnungen vor. Die Kläger stellten der GmbH im Laufe der Jahre verschiedentlich höhere Geldbeträge zur Verfügung und erhielten Abrechnungen. Ausgezahlt wurden zwischen 1996 und 2001 rund TDM 748, gutgeschrieben hingegen TDM 2.408. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die gesamten gutgeschriebenen Beträge zu versteuern seien, die Kläger waren der Ansicht, bis 1998 lägen steuerfreie Differenzgeschäfte vor, ab 1999 seien nur Wertsteigerungen erfolgt, die nicht der Besteuerung zu unterwerfen seien. Es könne nicht angehen, dass hier Scheinrenditen zu versteuern seien. Dem trat das Finanzamt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH entgegen, dass hier eine stille Gesellschaft gegeben sei und es den Klägern möglich gewesen wäre, sich das gesamte gutgeschriebene Geld auszahlen zu lassen.

 

Entscheidung

Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Sowohl die Auszahlungen als auch die gutgeschriebenen Beträge seinen als Einkünfte zu versteuern. Durch ihre vertraglichen Beziehungen zu der GmbH sei eine stille Gesellschaft gem. § 230 HGB begründet worden. Für die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses sprächen insbesondere die hohe Erfolgsbeteiligung an den Geschäften sowie die Verpflichtung, Verluste aus den Geschäften zu tragen. Die Einkünfte hieraus seien nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu versteuern. Die ausgezahlten Beträge sind den Klägern zugeflossen. Die gutgeschriebenen Beträge seien von den Klägern stehengelassen worden und wieder angelegt worden, so dass eine Novation erfolgt sei. So lange die GmbH noch zahlungsfähig gewesen sei - dies sei nach den Feststellungen des BFH in einem Musterverfahren bis Oktober 2001 der Fall gewesen - seien sämtliche Renditen zu versteuern gewesen.

 

Hinweis

Das Urteil mag für die Kläger äußerst unbefriedigend sein und in der Tat bleibt ein Störgefühl, wenn Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem voll versteuert werden müssen. Überraschend kann das Urteil gleichwohl nicht gewesen sein. Der BFH hat in einem nahezu deckungsgleichen Fall, der auch immer wieder vom FG zitiert wird, entsprechend entschieden (BFH, Urteil v. 28.8.2008, VIII R 36/04). Und so lange sich die Kläger die scheinbaren Renditen hätten auszahlen können, wird man die Argumentation des Gerichts nicht von der Hand weisen können. Das gilt zumindest so lange, wie der Initiator des Systems zum jeweiligen Zeitpunkt zahlungswillig und zahlungsfähig war. Da dies hier bis Oktober 2001 der Fall gewesen ist, war der gesamte gutgeschriebene Betrag zu versteuern. Insofern dürfte die Revision kaum Erfolg versprechend sei.

Das Aktenzeichen des BFH ist VIII R 20/13.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.03.2012, 2 K 1326/11

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