Rz. 149

Für latente Steuererstattungsansprüche und latente Steuerschulden gilt das bilanzorientierte Abgrenzungskonzept des IAS 12 uneingeschränkt auch im IFRS-Konzernabschluss (Rz. 138). Damit ist auf der ersten Stufe ein Vergleich zwischen dem IFRS-Konzernbilanzbuchwert und dem zugehörigen Steuerwert (regelmäßig auf Basis des Einzelabschlusses) durchzuführen; insbesondere kann es in folgenden Fällen – zusätzlich zu den aus einem Einzelabschluss resultierenden Differenzen – zur Abgrenzung latenter Steuern in einem IFRS-Konzernabschluss kommen:

  • Latente Steuern auf den Ansatz und die Aufdeckung von Unterschiedsbeträgen zwischen beizulegenden Zeitwerten und Buchwerten der erworbenen identifizierbaren Vermögenswerte, Schulden und Eventualschulden bei Unternehmenserwerb (ausgenommen Goodwill gem. IAS 12.15a).
  • Latente Steuern auf die Translationsanpassung aus der Umrechnung von in funktionaler Währung erstellten Abschlüssen der in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen in die Berichtswährung gem. IAS 21.39 c, falls allgemeine Voraussetzungen für latente Steuern vorliegen (insbesondere sind die Einschränkungen des IAS 12.39 und 12.44 im Einzelfall zu prüfen).
  • Abgrenzung latenter Steuern auf Anpassungen von Einzelabschlusswerten zur Umsetzung konzerneinheitlicher Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (IFRS 10.19 i. V. m. IFRS 10. Appendix B 87); die Zuordnung dieser Steuerabgrenzung zum Einzel- oder Konzernabschluss ist aber nicht unumstritten (Vorbereitungsmaßnahme zur Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses).
  • Ansatz aktiver latenter Steuern wegen abweichender Beurteilung der Realisierungswahrscheinlichkeit steuerlicher Verlustvorträge (bspw. wegen größerer Möglichkeiten der innerkonzernlichen Verlustverrechnung) und aktiver latenter Steuern aus temporären Differenzen im Konzernabschluss.
  • Latente Steuern auf echte Aufrechnungsdifferenzen aus der Schuldenkonsolidierung.
  • Latente Steuern aus der Zwischenergebniskonsolidierung.
 

Rz. 150

Hinsichtlich der Einschränkungen des temporären Abgrenzungskonzepts wird auf die bereits unter Rz. 139 dargestellten Ausnahmen verwiesen, die im Vergleich zum deutschen Handelsrecht nicht nur auf den Konzernabschluss beschränkt sind.

 

Rz. 151

Die unter Rz. 149 erstgenannte latente Steuerabgrenzung ist regelmäßig ergebnisneutral gegen das (neubewertete) Eigenkapital zu erfassen.[1] Demgegenüber sind die latenten Steuereffekte auf die Translationsanpassung aus der Umrechnung von in funktionaler Währung erstellten Abschlüssen im sonstigen Gesamtergebnis aus – bei Eintritt entsprechender Bedingungen – zu reklassifizierenden Posten zu erfassen. Demgegenüber können die übrigen unter Rz. 139 aufgeführten latenten Steuereffekte entweder im Regelfall erfolgswirksam oder in Einzelfällen erfolgsneutral über das sonstige Gesamtergebnis abzubilden sein.

 

Rz. 152

Im Konzernabschluss sind aktive und passive latente Steuern (Verrechnungsgebot) unter folgenden Bedingungen miteinander zu verrechnen (IAS 12.74):

  • das Unternehmen hat ein einklagbares Recht zur Aufrechnung tatsächlicher Steuererstattungsansprüche gegen tatsächliche Steuerschulden und
  • die latenten Steueransprüche und latenten Steuerschulden beziehen sich auf Ertragsteuern, die von der gleichen Steuerbehörde erhoben werden, und
  • die latenten Steueransprüche und die latenten Steuerschulden bestehen bei einem Steuersubjekt, oder
  • die latenten Steueransprüche und die latenten Steuerschulden beziehen sich auf Ertragsteuern, die von der gleichen Steuerbehörde für unterschiedliche Steuersubjekte (konzernzugehörige Unternehmen bzw. Betriebsstätten) erhoben werden, falls die betreffenden Steuersubjekte in jeder zukünftigen Periode, in der die Ablösung oder Realisierung erheblicher Beträge an latenten Steuerschulden bzw. Steueransprüchen zu erwarten ist, beabsichtigen, entweder den Ausgleich der tatsächlichen Steuerschulden und Erstattungsansprüche auf Nettobasis herbeizuführen oder gleichzeitig mit der Realisierung der Ansprüche die Verpflichtungen abzulösen.

Eine Aufrechnung von latenten Steuerschulden und latenten Steuererstattungsansprüchen kommt damit insbesondere in den Fällen der Organschaft, in denen rechtlich selbstständige (konzernzugehörige) Unternehmen – zumindest eines Staates – als ein Steuersubjekt behandelt werden (vgl. Rz. 136), in Betracht (IAS 12.74 b (i)).

Eine Aufrechnung latenter Steuerschulden und latenter Steuererstattungsansprüche außerhalb des Bestehens einer Organschaft setzt nach IAS 12.74b (ii) eine detaillierte Prognoserechnung zur Auflösung latenter Steueransprüche und Steuerschulden für die konzernzugehörigen Unternehmen, deren latente Steuerposten in die Aufrechnung einbezogen werden sollen, voraus. Falls die konzernzugehörigen Unternehmen diese nicht aufstellen, können die Voraussetzungen für die Verrechnung latenter Steueransprüche und latenter Steuerschulden nicht erbracht werden (Nachweiswahlrecht).

[1] Ebenso Theile/Behling, in Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Einzel- und Konzernabschluss, 6. Aufl. 2019, S. 817 ff., Rz...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge