Leitsatz

1. Der Annahme eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbstständigen Geschäftsanteil, sondern – als sog. Quotentreuhand – lediglich an einem Teil eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird.

2. Ein solcher quotaler Anteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand dar.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 S. 1, S. 4 EStG, § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 S. 2, § 41 Abs. 1 S. 1, § 159 Abs. 1 S. 1 AO, § 96 Abs. 1 S. 1 FGO

 

Sachverhalt

Die in den Praxishinweisen herausgestellten drei Punkte stellen die Grundsätze dar, die das FG wird beachten müssen; denn der BFH konnte aufgrund des Sachverhalts nicht selbst entscheiden: Dort gründeten Eheleute 1997 eine GmbH, von deren Stammkapital jeder die Hälfte übernahm. Im Rahmen einer nicht das Streitjahr (1998) betreffenden Außenprüfung wurden dem Prüfer Treuhandverträge vorgelegt, wonach sowohl der Ehemann wie auch die Ehefrau Teilgeschäftsanteile für A, B, R und C hielten. Die Kaufpreise für die Quotenanteile sollten bis Anfang 1998 zu bezahlen sein. Ende 1998 veräußerten die Ehegatten einen Teil ihrer Geschäftsanteile an eine N-AG, deren Gründungsgesellschafter die Ehegatten, A, B, R und C waren.

Es ging in dem Verfahren vor dem FA und FG darum, ob ein Veräußerungsgewinn zu versteuern war (oder ob die Eheleute wegen der Treuhandverhältnisse nicht wesentlich beteiligt waren).

 

Entscheidung

Der BFH musste das Urteil des FG (FG Münster, Urteil vom 08.02.2008, 11 K 500/05 E, Haufe-Index 1993103, EFG 2008, 947) aufheben, denn es hatte die Treuhandverhältnisse allein schon deshalb abgelehnt, weil sie an einem nicht geteilten Gesellschaftsanteil begründet worden waren. Das war rechtsfehlerhaft. Mangels Spruchreife gab der BFH Hinweise für die Prüfung durch das FG im zweiten Rechtsgang:

1. Das FG muss zunächst Formerfordernisse prüfen. Sind die Rechtsverhältnisse zivilrechtlich unwirksam, gilt § 41 Abs. 1 S. 1 AO und die steuerrechtliche Zuordnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO greift, wenn der Treugeber alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (tatsächliche Durchführung des formunwirksam abgeschlossenen Vertrags).

2. Aber auch dann, wenn die Rechtsverhältnisse als Unterbeteiligungsverhältnisse auszulegen sein sollten, kann eine von der zivilrechtlichen Zuordnung abweichende Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO gerechtfertigt sein. Auch hier wird es darauf ankommen, ob der mittelbar Beteiligte eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte, das Risiko einer Wertminderung, aber auch die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.

 

Hinweis

Kann ein Treuhandverhältnis an einem Teil eines Geschäftsanteils vereinbart werden? Mit dieser zivilrechtlichen Frage musste sich der BFH erstmals beschäftigen, weil FA und FG eine derartige Vereinbarung allein deshalb auch steuerrechtlich nicht anerkannt hatten.

1. Ist jemand an einer GmbH beteiligt und hält diesen Anteil aufgrund eines Treuhandvertrags für mehrere Treugeber, stellt sich die Frage der zivilrechtlichen Zulässigkeit. Sie hat der BFH bejaht. Ihr steht nicht entgegen, dass nicht ein selbstständiger Geschäftsanteil (z.B. durch Abtrennung entstanden), sondern lediglich ein Teil treuhänderisch gehalten wird.

2. Der Anteil an einem selbstständigen Geschäftsanteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand dar. Die Treuhand bezeichnet in diesem Fall den Vertragszweck, die Quote dagegen bestimmt – in technischer und betragsmäßiger Hinsicht – die mittelbare Beteiligung des Treugebers am Geschäftsanteil.

3. Nicht jede formal als Treuhandvertrag bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses. Der Treugeber muss sowohl rechtlich als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen. Der Gesellschafter darf seine Rechte aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrags ausüben. Die fiduziarische Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zugehörigkeit des Rechts. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann in Form einer Übertragungstreuhand, der Erwerbstreuhand oder als Vereinbarungstreuhand zustande kommen.

4. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. § 159 Abs. 1 S. 1 AO enthält eine Beweisführungslastregelung für den Fall, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO streitig sind. Allerdings befreit § 159 Abs. 1 AO das FG ...

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