Leitsatz

1. Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind.

2. Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation sind demgegenüber – als Werbungskosten oder Betriebsausgaben – sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 255 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 HGB, § 127 Abs. 1 BauGB, § 436 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 1 ErbbauRG

 

Sachverhalt

Der Kläger errichtete nach Abriss des Altbestands auf einem Erbpachtgrundstück ein Zweifamilienhaus. Während der Bauphase leitete er Grundwasser in den vorhandenen Abwasserkanal. Die Stadt entdeckte einen Wurzeleinwuchs im Kanal und forderte den Kläger zur Sanierung mittels eines "Schlauchliners" auf. Der Kläger ließ den Kanal danach neu bauen. Das FA verneinte sofort abziehbare Werbungskosten. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 13.9.2018, 14 K 3011/17 E, Haufe-Index 13116074).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und in der Sache selbst entschieden: Die Kosten für die Erneuerung des vorhandenen und funktionsfähigen Kanals führen zu sofort abziehbarem Aufwand mit Ausnahme der Kosten für den Anschluss des neuen Gebäudes (Hauseinführung mittels Diamantkern-Bohrung einschließlich Wandeindichtung, Isolierung und Dämmung). Sie führen zu Herstellungskosten des Gebäudes.

 

Hinweis

Die steuerliche Berücksichtigung von sog. Erschließungskosten (bei den Einkünften aus VuV) ist kompliziert. Je nach Sachlage können Anschaffungskosten des Grundstücks, Herstellungskosten des Gebäudes oder sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen vorliegen.

1. Kosten für die erstmalige Erschließung des Grundstücks (Anschluss an öffentliche Versorgungseinrichtungen) sind grundsätzlich Anschaffungskosten für den Grund und Boden. Dadurch wird das Grundstück erst "betriebsbereit", also bebaubar.

2. Wird eine bestehende Erschließung erneuert und verändert sich die Nutzbarkeit des Grundstücks dadurch nur unwesentlich, können aber auch sofort abziehbare WK vorliegen, selbst wenn sich der Wert des Grundstücks erhöht hat.

3. Aufwendungen für Zuleitungsanlagen, die ein neu errichtetes Gebäude erstmals z.B. mit dem Abwasserkanal verbinden (sog. Hausanschlusskosten), gehören dagegen grundsätzlich zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Anlagen auf dem privaten Grund liegen (grundsätzlich bis zur Grundstücksgrenze).

4. Wird aber eine bestehende Kanalisation lediglich ersetzt, ohne dass es dadurch zu einer wesentlichen Verbesserung (des Gebäudes) kommt, führen die Aufwendungen wiederum zu sofort abziehbarem Aufwand.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 3.9.2019 – IX R 2/19

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