Leitsatz

1. Die Vereinbarung eines durchschnittlichen Auszahlungsbetrags pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde steht der Steuerbefreiung nach § 3b EStG nicht entgegen.

2. Der laufende Arbeitslohn (§ 3b Abs. 2 S. 1 EStG) kann der Höhe nach schwanken.

3. § 3b EStG subventioniert Arbeitnehmer und Arbeitgeber in gleicher Weise.

 

Normenkette

§ 3b EStG

 

Sachverhalt

Arbeitgeber K beschäftigte Arbeitnehmer in Schicht rund um die Uhr. Nach den Arbeitsverträgen erhielten sie zum Basisgrundlohn "die aus ihrer Arbeitszeit resultierenden möglichen SFN-Zuschläge (= Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit) nach § 3b EStG als Teillohn des vereinbarten durchschnittlichen Effektivlohns pro Stunde für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden"; "durchschnittlicher Effektivlohn" war der in fester Höhe vereinbarte Auszahlungsbetrag pro Stunde nach Steuer und Sozialabgaben. Ergab sich durch individuelle Arbeitszeiten ein geringerer durchschnittlicher Auszahlungsbetrag als der vereinbarte, wurde der Basisgrundlohn um eine "Grundlohnergänzung" so erhöht, dass der vereinbarte Auszahlungsbetrag pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde erreicht wurde. War mit Basisgrundlohn, Urlaubs-, Weihnachtsgeld, den vermögenswirksamen Leistungen (VWL) und SFN-Zuschlägen der durchschnittliche Auszahlungsbetrag bereits erreicht, gab es keine Grundlohnergänzung.

Im Regelfall ergab sich der durchschnittliche Auszahlungsbetrag wie folgt: Basisgrundlohn + anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld + Arbeitgeberzuschuss VWL + Grundlohnergänzung = Grundlohn. Steuerrechtliche Abzüge – Sozialabgaben = Nettolohn + SFN-Zuschläge = durchschnittlicher Auszahlungsbetrag. K berechnete dies mit einer bestimmten Lohnabrechnungssoftware. K behandelte die "SFN-Zuschläge" nach § 3b EStG steuerfrei und behielt daher keine LSt dafür ein.

Das FA verneinte die Steuerbefreiung und nahm K durch Haftungsbescheid in Anspruch. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.09.2009, 9 K 260/06, Haufe-Index 2254055, EFG 2010, 127).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und entsprach, wie unter Praxishinweisen dargestellt, der Klage.

 

Hinweis

Der Streitfall belegt, wie mit ausgefeilten Arbeitsverträgen und Lohnberechnungsprogrammen die Wirkung steuerfreier Sonntags-, Feiertags- oder Nacht(SFN)arbeitszuschläge optimiert werden kann. Er zeigt auch, dass diese Steuerbefreiung gleichermaßen Arbeitgeber und Arbeitnehmer subventioniert und es daher eine breite übereinstimmende Interessenlage für deren Beibehaltung gibt.

1. Im Streitfall gab es drei Lohnbestandteile, nämlich den Grundlohn, die Grundlohnergänzung sowie die SFN-Zuschläge. Und die Streitfrage lautete: Waren die SFN-Zuschläge Teil einer einheitlichen Entlohnung (dann keine Steuerbefreiung) oder wurden sie tatsächlich neben dem Grundlohn gezahlt (dann § 3b EStG Steuerbefreiung)? Die Antwort des BFH: Trotz Zusage eines durchschnittlichen Effektivlohns mit gleichbleibenden Auszahlungsbeträgen pro Stunde waren die Zuschläge echte steuerfreie SNF-Zuschläge. Denn von § 3b EStG geforderte Trennung von Grundlohn und Zuschlag (BFH, Urteil vom 22.10.2009, VI R 16/08, BFH/NV 2010, 201) bleibt auch dann erhalten, wenn die Grundlohnergänzung variabel ist. Das Gesetz verlangt nicht, dass der laufende Arbeitslohn feststeht und nicht schwanken darf. So hatte K Grundlohn i.S.v. § 3b Abs. 2 S. 1 EStG in Form des feststehenden Basisgrundlohns und der variablen Grundlohnergänzung und daneben steuerfreie Zuschläge für tatsächlich geleistete SFN-Arbeit gezahlt. Der scheinbar einheitliche Betrag, mit dem das FA begründete, es erfolge eine einheitliche Entlohnung, diente lediglich als Rechengröße und -hilfe zur Ermittlung des Lohnzusatzes.

2. Der BFH lehnte auch ausdrücklich eine Auslegung des § 3b EStG über den Wortlaut hinaus ab. § 3b EStG gilt nicht nur dann, wenn ein von SFN-Arbeit nicht beeinflusster Grundlohn vorliegt. Auch dass die Steuerbefreiung nicht den Arbeitnehmern, sondern dem Arbeitgeber zugute kommt, ist nicht sinnwidrig. Denn § 3b EStG begünstigt natürlich auch Arbeitgeber, indem die Steuerbefreiung deren Aufwand mindert. Es ist kein Gestaltungsmissbrauch, durch Vereinbarungen von einer Steuerbefreiung in möglichst großem Umfang Gebrauch zu machen. Ähnlich urteilte der BFH auch schon zum Merkmal "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" i.S.d. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG (BFH, Urteil vom 01.10.2009, VI R 41/07, BFH/NV 2010, 505, BFH/PR 2010, 134). Dort wurden begünstigt versteuerte Zuschüsse statt voll zu versteuernde andere freiwillige Sonderzahlungen gezahlt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.06.2010 – VI R 50/09

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