Leitsatz

1. Die Leistungen eines Mitglieds eines Wohlfahrtverbands kommen dem begünstigten Personenkreis auch dann unmittelbar i.S.v. § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG zugute, wenn es Fahrdienstleistungen ohne Zwischenschaltung Dritter an Menschen mit Behinderung erbringt und dabei aufgrund eines mit einer anderen Person abgeschlossenen Vertrags tätig wird.

2. Für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 18 UStG kommt es nicht auf die Zweckbetriebsvoraussetzungen des § 66 AO an

 

Normenkette

§ 4 Nr. 18, § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG 1993/1999, § 66 AO

 

Sachverhalt

Ein Wohlfahrtsverein beförderte aufgrund von Verträgen – u.a. mit Jugend- und Schulamt und Altersheimen – Menschen mit Behinderungen, z.T. auch ohne Spezialfahrzeuge oder Begleitung, zu Werkstätten, Kindertageseinrichtungen und Schulen. Diese Fahrten beurteilte das FA als steuerpflichtig. Die Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG (Sächsisches FG, Urteil vom 16.11.2010, 8 K 326/10, Haufe-Index 2688943) aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen.

 

Hinweis

1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 18 UStG die Leistungen u.a. der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege, (a) wenn diese Unternehmer ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, (b) die Leistungen unmittelbar dem nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten Personenkreis zugute kommen und (c) die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben.

2. Das Merkmal der Unmittelbarkeit i.S.v. § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG ist nach ständiger Rechtsprechung leistungsbezogen auszulegen. Notwendige, aber hinreichende Bedingung ist daher, dass die Leistungen dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis selbst unmittelbar zugute kommen. Dass der Leistungsempfänger – der Vertragspartner des Leistenden – nicht mit der begünstigten Person identisch ist, ist daher unerheblich.

3. Ob es sich um bei der wirtschaftlichen Tätigkeit des leistenden Unternehmers um einen Zweckbetrieb (§ 66 AO) handelt, ist für die Befreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ohne Bedeutung, weil das tätigkeitsbezogene Merkmal in Buchst. b, wonach die Leistung unmittelbar den begünstigten Personen zugute kommen muss, die allgemein für die Begünstigung gemeinnütziger Körperschaften zu prüfende Voraussetzung, ob die Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs erfolgen, verdrängt.

4. Auch eine Wettbewerbsverzerrung ist nicht zu prüfen. Denn im Hinblick auf in der Person des leistenden Unternehmers zu erfüllende Voraussetzungen und das Abstandsgebot ist dieser Regelung immanent, dass Wettbewerber, die dieselben Leistungen erbringen, ohne die personellen Voraussetzungen dieser Vorschrift zu erfüllen, benachteiligt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.9.2011 – V R 16/11

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