Leitsatz

1. Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn i.S.d. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG ist der arbeitsrechtlich geschuldete.

2. Ein Zuschuss zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S.d. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG kann auch unter Anrechnung auf andere freiwillige Sonderzahlungen geleistet werden (entgegen R 3.33 Abs. 5 S. 6 LStR 2009).

 

Normenkette

§ 40 Abs. 2 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Arbeitgeberin K hatte ihren Arbeitnehmern als "Fahrtkostenzuschuss" jährlich im November Zahlungen geleistet und der LSt-Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG unterworfen. Dieser "Fahrtkostenzuschuss" wurde jeweils errechnet, ausgezahlt und pauschal versteuert nach dem als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, Abs. 2 EStG). Der Differenzbetrag zum errechneten Weihnachtsgeld wurde als "Weihnachtsgeld" nach den persönlichen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer versteuert. Arbeitnehmer mit höheren "Fahrtkostenzuschüssen" erhielten weniger "Weihnachtsgeld" als die mit niedrigeren "Fahrtkostenzuschüssen". Arbeitnehmern, die keine "Fahrtkostenzuschüsse" erhielten, wurde Weihnachtsgeld ausgezahlt.

Das FA verneinte hinsichtlich der als "Fahrtkostenzuschüsse" erbrachten Zahlungen die Voraussetzungen einer LSt-Pauschalierung § 40 Abs. 2 S. 2 EStG, weil sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, sondern unter Anrechnung auf das freiwillig gezahlte Weihnachtsgeld erbracht worden seien, und erließ einen entsprechenden LSt-Haftungsbescheid.

Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 28.06.2007, VI 105/2006, Haufe-Index 1799413, EFG 2007, 1687).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab die Sache an das FG zurück. Das hatte bisher nicht festgestellt, ob das Weihnachtsgeld freiwillig geleistet wurde. Sollte sich das im zweiten Rechtsgang erweisen, ist die Weihnachtsgeldzahlung kein "ohnehin geschuldeter Arbeitslohn". Die streitigen Zuschüsse der Klägerin wären dann insoweit zusätzlich dazu geleistet und die LSt dafür auf Antrag der K mit dem Pauschsteuersatz zu erheben.

 

Hinweis

Das Urteil gibt dem Arbeitgeber Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, wie er freiwillige Zusatzleistungen erbringen will: entweder als regelbesteuerte Geldleistung oder als ermäßigt besteuerten Zuschuss. Die Finanzverwaltung hatte das bisher nicht so gesehen. Dem widersprach der BFH jetzt auf Grundlage des an sich zweifelsfreien gesetzlichen Wortlauts der Sonderregelung des § 40 Abs. 2 S. 2 EStG. Danach kann der Arbeitgeber die LSt mit einem Pauschsteuersatz von 15 % "für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben". Und was ist nun der "ohnehin geschuldete Arbeitslohn"?

Abweichend von der Finanzverwaltung kommt der BFH zu dem Ergebnis: Das ist der, der arbeitsrechtlich geschuldet ist, durch Vereinbarung oder durch dauernde Übung.

Der BFH konnte sich dazu auf frühere Entscheidungen stützen. Entscheidend war jeweils der verbindliche Rechtsanspruch; zuletzt war dies im Fall einer Umwandlung von Barlohn in Form von Urlaubsgeld in Sachlohn in Form eines Warengutscheins die entscheidungserhebliche Frage (BFH, Urteil vom 06.03.2008, VI R 6/05, BFH/NV 2008, 1043, BFH/PR 2008, 301).

Zu beachten ist: damit ist nicht der beliebigen Umwandlung von Barlohn in ermäßigt besteuerten Lohn Tür und Tor geöffnet. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG schließt das für Lohn, der "ohnehin geschuldet" wird, aus. Aber freiwillige Lohnzahlungen lassen sich in pauschal besteuerte Zuschüsse umwandeln. Zuschüsse i.S.d. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG liegen also auch dann vor, wenn sie statt anderer, freiwillig geleisteter Bezüge und Vorteile i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erbracht werden.

Nicht der ohnehin gezahlte, sondern der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist entscheidend. Die Finanzverwaltung war der Auffassung, dass die Umwandlung einer freiwilligen Sonderleistung ohne in eine solche mit Zweckbindung die Zuwendung nicht steuerfrei mache, und zwar auch dann nicht, wenn sie unter Anrechnung auf eine freiwillige Sonderzahlung, z.B. Weihnachtsgeld, erbracht werde (BMF, Schreiben vom 22.12.1994, BStBl I 1994, 925; Abschn. 21c Abs. 2 S. 6 LStR 1996; R 3.33 Abs. 5 S. 6 LStR 2009).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 01.10.2009 – VI R 41/07

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