Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob Vermittlungen von Kinderbetreuungsleistungen als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbundene Umsätze i. S. von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g bis i der 6. EG-Richtlinie sein können.

Die Klägerin ist eine niederländische Stiftung (Einrichtung ohne Gewinnerzielungszweck), die an verschiedenen Orten die Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern durchführt und für Schulkinder eine Betreuung außerhalb der Schulstunden anbietet. Sie führt außerdem eine Kartei von Tageseltern, die Kinder bei sich zu Hause betreuen. Die Tageseltern werden von der Klägerin auf ihre Qualifikation geprüft. Die Tageseltern können auch auf Kosten der Stiftung eine entsprechende Ausbildung erhalten. Eltern, die sich für die Betreuung ihres Kindes bei Tageseltern entscheiden, werden von der Stiftung mit den Tageseltern in Kontakt gebracht, die in ihrer Kartei verzeichnet sind. Die Stiftung vermittelt den Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen den Eltern des Kindes und den Tageseltern. Für ihre Vermittlungsleistungen stellte die Stiftung den Eltern Entgelte je Kind und Stunde in Rechnung, wenn die Dienste von Tageseltern in Anspruch genommen wurden. Die Eltern zahlten außerdem für die Betreuung durch die Tageseltern. Die Klägerin war der Auffassung, ihre Vermittlungsleistungen seien wie die Kinderbetreuungsleistungen selbst steuerfrei.

 

Entscheidung

Nach dem EuGH-Urteil können die Vermittlungsleistungen steuerfrei sein, wenn sie eng mit den nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g bis i der 6. EG-Richtlinie steuerfreien Tätigkeiten verbunden sind. Voraussetzung hierfür ist zum einen, dass der vermittelte Umsatz, die Kinderbetreuung durch Tageseltern, selbst steuerfrei ist. Dies bejaht der EuGH mit Blick auf Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und h ohne weiteres. Kinderbetreuung durch Tageseltern ist danach eine Dienstleistung der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit wie auch der Kinder- und Jugendbetreuung. Tageseltern können nach der Entscheidung grundsätzlich auch als von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen darstellen. Die Mitgliedstaaten verfügen in Bezug darauf über ein Ermessen, das sie entsprechend dem Gemeinschaftsrecht ausüben müssen (so der EuGH mit Bezug auf sein Urteil v. 26.5.2005, C-498/03 (Kingscrest Associates und Montecello)). Natürliche Personen, die ein (privatrechtliches) Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht, betreiben, sind nicht von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob die von den Tageseltern erbrachten Betreuungsleistungen den in den Befreiungsvorschriften geforderten "sozialen Charakter" erfüllen.

Voraussetzung der Steuerbefreiung der Vermittlungsleistungen ist ferner, dass sie mit den Kinderbetreuungsleistungen eng verbundene Umsätze sind. Diese Frage untersucht der EuGH jedoch offensichtlich nicht im Hinblick auf die Kinderbetreuungsleistungen der Stiftung selbst, sondern auf den Kinderbetreuungsdienst der Tageseltern. Der Gerichtshof beantwortet diese Frage jedoch nicht explizit, sondern prüft, ob die Voraussetzung von Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie erfüllt ist, wonach die Vermittlungsleistung für die - steuerfreie - Kinderbetreuung (durch die Tageseltern) unerlässlich sein muss. Die weitere Bedingung, dass die Vermittlungsleistungen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein dürfen, der Stiftung zusätzliche Einkünfte durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit mehrwertsteuerpflichtigen gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden, überlässt der EuGH dem nationalen Gericht zur Prüfung.

Die Unerlässlichkeit der Vermittlungsleistungen bejaht der EuGH unter der Voraussetzung, dass die Prüfung der Vorgeschichte der Tageseltern und deren Ausbildung durch die Stiftung es ermöglichen, nur solche Tageseltern auszuwählen, die fähig, zuverlässig und in der Lage sind, einen höherwertigen Kinderbetreuungsdienst zu gewährleisten, als ihn die Eltern ohne die Vermittlungsleistungen hätten erhalten können.

 

Hinweis

Mit der Prüfung der Bedingung von Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie hat der EuGH implizit auch die Bedingung, dass die Vermittlungsleistungen als eng mit der Kinderbetreuung verbundene Umsätze anzusehen sind, bejaht. Denn Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der 6. EG-Richtlinie kann nur für bereits nach Teil A Abs. 1 steuerfreie Umsätze greifen. Das Urteil lässt zudem erkennen, dass der Begriff des eng verbundenen Umsatzes nicht zwangsläufig auf die im übrigen steuerfreien Umsätze des Leistungserbringers (hier der Kinderbetreuung durch die Stiftung selbst) bezogen werden muss, sondern auch auf entsprechend steuerfreie Umsätze Dritter (hier der Tageseltern) projeziert werden kann. Das gilt entsprechend (sonst hätte der EuGH nicht auf den Kinderbetreuungsdie...

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