Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des FG München ging es mit Blick auf das EuGH-Urteil vom 27.9.2012[1] noch einmal um die konkrete Frage nach der Funktion der USt-IdNr. für Zwecke der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Das FG München wollte wissen: Erlauben die Art. 22 Abs. 8 und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d der 6. EG-Richtlinie, eine Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung (hier: innergemeinschaftliches Verbringen) zu versagen, wenn der Lieferer zwar nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen im Hinblick auf formelle Erfordernisse bei der Aufzeichnung der USt-IdNr. erfüllt hat, aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedsstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen?

Im Streitjahr (2006) erwarb der Kläger einen neuen Pkw für sein Unternehmen, den er diesem zuordnete. Das neue Fahrzeug versandte er am 20.10.2006 an einen spanischen Kfz-Händler, um den Pkw in Spanien zu verkaufen. Nachdem ein Käufer gefunden worden war, veräußerte der Kläger das Fahrzeug am 11.7. 2007 an das spanische Unternehmen D. Der Kläger hatte für diesen Vorgang im Jahr 2006 keinen Umsatz und im Jahr 2007 eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung des Pkw an D erklärt. In seinen Aufzeichnungen hielt der Kläger fest, dass das Fahrzeug am 20.10.2006 nach Spanien versandt (CMR-Frachtbrief) und im Jahr 2007 an D verkauft wurde (Rechnung vom 11.7.2007). Der Kläger zeichnete keine eigene spanische USt-IdNr. auf und in Spanien erklärte er keinen Umsatz (innergemeinschaftlichen Erwerb bzw. steuerbare Inlandslieferung in Spanien).

Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Jahr 2007 lägen nicht vor. Es sei in Deutschland eine steuerpflichtige Lieferung im Jahr 2007 zu versteuern. Das FA erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2007. Diesen hob das FA im anschließenden Klageverfahren vor dem FG auf, weil das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass sich das Fahrzeug im Jahr 2007 bereits in Spanien befunden hatte. Das FA änderte nunmehr die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2006. Dabei vertrat es die Ansicht, das Verbringen des Fahrzeugs im Jahr 2006 nach Spanien unterliege der Umsatzsteuer und sei nicht steuerfrei. Der Kläger habe das Fahrzeug im Jahr 2006 mit Verkaufsabsicht und daher nicht nur vorübergehend vom Inland nach Spanien verbracht. Der Umsatz (das innergemeinschaftliche Verbringen des Fahrzeugs) sei nicht steuerbefreit, weil der Kläger keine eigene spanische USt-IdNr. aufgezeichnet und damit den erforderlichen Buchnachweis nicht geführt habe. Im Klageverfahren berief sich das FA auf das Urteil das EuGH-Urteil vom 27.9.2012[2]. Die Beteiligten waren sich einig, dass keine Steuerhinterziehung im Raum stand. Die deutsche Finanzverwaltung hatte der spanischen Finanzverwaltung den Sachverhalt nicht mitgeteilt.

Mit dem Verfahren sollte geklärt werden, ob bei Nichtvorliegen von Steuermissbrauch dennoch die USt-IdNr. des Erwerbers (hier die eigene USt-IdNr. des Verbringers) zusätzlich aufgezeichnet werden muss, um in den Genuss der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung zu kommen.

In der Sache C-587/10 hatte der EuGH entschieden, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. Abs. 1 MwStSystRL) es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der liefernde Unternehmer die USt-IdNr. des Erwerbers "mitteilt" (hiermit war aufgrund des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens gemeint, dass der Lieferer diese USt-IdNr. buchmäßig aufzeichnet). Diese Möglichkeit der Verknüpfung der Steuerbefreiung mit dem Nachweis der USt-IdNr. des Abnehmers gilt nach den weiteren Entscheidungsgründen des EuGH allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht einzig aus dem Grund verweigert wird, dass die USt-IdNr. nicht aufgezeichnet wurde, wenn der Lieferer, nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Verpflichtung nicht erfüllen kann und er außerdem hinreichend belegen kann, dass der Erwerber ein Unternehmer ist, der bei dem Erwerb als solcher gehandelt hat.

Der EuGH stellte zwar - unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 6.9.2012[3] - fest, dass die USt-IdNr. keine materiell-rechtliche Funktion, sondern nur eine formelle Funktion besitzt und keinen Einfluss auf die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat, wenn deren materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichwohl misst der EuGH der USt-IdNr. in ihrer Funktion, die Unternehmereigenschaft des Erwerbers nachzuweisen, eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.

 

Entscheidung

Der EuGH hat die Frage, ob die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung von der Angabe einer dem Unternehmer, der die Ware innergemeins...

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