Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Auslegung bzw. den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie (ab 1. 1. 2007: Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben.

Die Kläger sind Mitgliedervereine und als solche dem für die Förderung und Entwicklung des Hockeysports in England zuständigen Verband England Hockey Limited angeschlossen. Bei dem Verband handelt es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben. Die Mitgliedsvereine zahlen an den Verband einen bestimmten Mitgliedsbeitrag für jede aufgestellte Mannschaft. Als Gegenleistung für diese Mitgliedsbeiträge erbringt der Verband bestimmte Dienstleistungen wie eine Vereinsakkreditierung, durch die der betreffende Verein als sicher, effektiv und kinderfreundlich ausgewiesen wird, Kurse für Trainer, Schiedsrichter, Lehrer und Jugendliche, ein Netzwerk von Hockeyförderstellen, Möglichkeiten für die Beantragung von staatlichen Mitteln und Geldern der Lotterie, Beratung über Marketing und die Gewinnung von Sponsoren, Vereinsverwaltungsdienste und Versicherungsschutz für Vereine sowie Mannschaftsturniere.

Die vom Verband England Hockey Limited erbrachten Dienstleistungen sollen die Kläger als angeschlossene Mitgliedsvereine in die Lage versetzen, ihren jeweiligen Vereinsmitgliedern die Ausübung des Hockeysports zu ermöglichen und zu erleichtern. Der Verband stellt den Mitgliedern der Kläger keine unmittelbaren Möglichkeiten zum Hockeyspiel zur Verfügung.

Die britischen Commissioners for Revenue and Customs hatten dem Verband England Hockey Limited mitgeteilt, er habe Mehrwertsteuer auf die Mitgliedsbeiträge abzuführen, die er als Entgelt für seine Dienstleistungen berechne, da er seine Leistungen gegenüber den ihm angeschlossenen Mitgliedsvereinen erbringe. Bei diesen Vereinen handele es sich nicht um Personen, die Sport ausüben, weshalb die Leistungen nicht unter den Befreiungstatbestand des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie fielen.

Hiergegen wandten sich die Kläger und trugen vor, dass Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an andere Einrichtungen (insbesondere Einrichtungen ohne Gewinnstreben) erbringen, welche diese ihrerseits zugunsten des Endverbrauchers, hier eines Sportausübenden, verwenden, sowohl vom Wortlaut als auch vom Zweck des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie erfasst werden. Ebenso wie Kapitalgesellschaften durch Angestellte Pflegeleistungen an natürlichen Personen erbringen könnten (vgl. EuGH, Urteil v. 10.9.2002, C-141/00 (Ambulanter Pflegedienst Kügler)), könnten Vereine durch ihre Mitglieder Sport ausüben.

Die britische Finanzbehörde machte geltend, Sportausübung im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie bedeute im Hinblick auf die mit der Steuerbefreiung verfolgte Förderung des Gemeinwohls eine tatsächliche und unmittelbare, nicht jedoch fiktive oder mittelbare Sportausübung. Der Begriff "Person" dürfe nicht isoliert ausgelegt werden. Eine Auslegung sei nur im Gesamtkontext von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie möglich. Aus diesem Grund könne im Sinne dieser Vorschrift nur eine Einzelperson Sport ausüben.

 

Entscheidung

Der EuGH ist der Auffassung der britischen Finanzbehörde nicht gefolgt. Zwar verweist er - stereotyp - auf seine ständige Rechtsprechung, wonach Steuerbefreiungen gemäß Art. 13 der 6. EG-Richtlinie grundsätzlich eng auszulegen sind. Gleichzeitig erinnert er daran, dass diese Regel der engen Auslegung nicht die Zielsetzungen und Systematik der 6. EG-Richtlinie überlagern kann und insbesondere der Normzweck der jeweiligen Steuerbefreiung zu berücksichtigen ist. Daher bestimmt sich die Steuerbefreiung einer Tätigkeit insbesondere nach der Natur der erbrachten Dienstleistung und - wie hier - nach dem Verhältnis der Dienstleistung zur Ausübung von Sport oder Körperertüchtigung. Der EuGH folgt der von der EU-Kommission in dem Verfahren vertretenen Auffassung, dass Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie nicht wörtlich zu verstehen sei, sondern zur Gewährleistung einer wirksamen Anwendung der Steuerbefreiung je nach der betreffenden Dienstleistung ausgelegt werden müsse und dass daher nicht nur der formale oder rechtliche Empfänger dieser Leistung, sondern auch ihr konkreter Empfänger oder der von ihr tatsächlich Begünstigte zu berücksichtigen sei. In dieser Hinsicht sei der Ausdruck "Personen" in der Befreiungsvorschrift für sich genommen weit genug, um nicht nur natürliche Personen, sondern auch nicht eingetragene Vereinigungen oder juristische Personen darunter zu fassen.

Er begründet dies - nicht ohne weiteres nachvollziehbar - damit, dass die Befreiungsvorschrift nicht lediglich bestimmten Arten von Sport erfassen wolle, sondern sie beziehe sich auf den Sport im Al...

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