Leitsatz

Art. 13 Teil B Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 Buchst. a dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Lieferung einer aus einem Grundstück und einem alten Gebäude, dessen Umbau in ein neues Gebäude im Gang ist, bestehenden Immobilie, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, unter die in der erstgenannten Bestimmung vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer fällt, wenn zum Zeitpunkt dieser Lieferung am alten Gebäude erst teilweise Abrissarbeiten durchgeführt wurden und es zumindest teilweise noch als solches genutzt wurde.

 

Normenkette

Art. 13 Teil B, Art. 4 Abs. 3 Buchst. a 6. EG-RL

 

Sachverhalt

K erwarb mit notariellem Vertrag am 6.2.2004 Sondereigentum an Geschäftsräumen. Die Lieferung dieser Immobilie galt am selben Tag als ausgeführt. Vor dem 6.2. renovierte er diese im Auftrag und für Rechnung des Verkäufers, danach im eigenen Namen. Ob der Umsatz als "gelegentliche Lieferung eines Gebäudes vor dem Erstbezug" umsatzsteuerbar und -frei war oder – wenn nicht – der Grunderwerbsteuer unterlag, war streitig.

 

Entscheidung

Aufgrund der – objektiv belegten – Möglichkeit der Nutzung des Sondereigentums vor der Verschaffung der Verfügungsmacht beurteilte der EuGH den Umsatz nicht als Lieferung eines Neubaus.

 

Hinweis

Die Besprechungsentscheidung betrifft eine niederländische Regelung aufgrund der Ermächtigung in der Richtlinie, die gelegentliche Lieferung von Gebäuden vor dem Erstbezug der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Entscheidung ist, weil eine entsprechende Regelung im UStG fehlt, nur insoweit interessant, weil sie zwei Aussagen des EuGH zur Berücksichtigung von Absichten der Beteiligten des mehrwertsteuerrelevanten Sachverhalts festigt:

1. Zur Klärung der Frage, ob ein Umsatz der Mehrwertsteuer unterliegt, ist die erklärte Absicht der Parteien im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände dieses Vorgangs zu berücksichtigen, wenn sie durch objektive Anhaltspunkte bestätigt wird.
2. Die nationalen Gerichte müssen sich vergewissern, dass der Umsatz nicht eine lediglich "künstliche", jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung darstellt, die allein zu dem Zweck erfolgt, einen Steuervorteil zu erlangen.
 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil vom 12.7.2012 – C-326/11

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