Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, welche Umsätze von dem in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie enthaltenen Begriff "Umsätze …, die sich auf … Wertpapiere beziehen" erfasst werden. Fraglich war, ob Dienstleistungen auf Vorstufen zur Ausgabe oder Übertragung von Wertpapieren einen solchen Umsatz bzw. die Vermittlung eines solchen Umsatzes darstellen können.

 

Entscheidung

Zu dem Begriff des Wertpapierumsatzes i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der 6. EG-Richtlinie hat der EuGH entschieden, dass durch einen solchen Umsatz Änderungen an den Rechten der Parteien in Bezug auf das Wertpapier eintreten müssen. Diese Rechte müssen also begründet, geändert oder zum Erlöschen gebracht werden. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ein Wertpapierumsatz in verschiedene einzelne Komponenten zerfällt, die jede für sich die Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfüllen können. Jedoch stellt nach dem EuGH-Urteil nicht jede Handlung im Vorfeld der Ausgabe oder Übertragung von Wertpapieren einen solchen steuerfreien Umsatz dar. Rein materielle, technische oder administrative (z.B. informatorische) Leistungen, die nicht selbst die rechtliche oder finanzielle Lage zwischen den Vertragsparteien ändern, fallen nicht unter die Steuerbefreiung, Hier bezieht der EuGH sich im Wesentlichen auf sein Urteil in dem dänischen Rechenzentrumsfall (EuGH, Urteil v. 5.6.1997, C-2/95 - SDC).

Der EuGH hat nicht - wie so oft - dem Vorlagegericht die Prüfung überlassen, ob die streitigen Dienstleistungen die entwickelten Befreiungskriterien erfüllen oder nicht. Es ist also anzunehmen, dass der EuGH im Streitfall nicht von steuerfreien Wertpapierumsätzen ausgeht. Das bedeutet, Dienstleistungen im Rahmen eines so genannten Call Centers, durch die interessierte Anleger über die Bedingungen der von einem Finanzinstitut vertriebenen Produkte informiert, Anfragen zu den jeweiligen Kapitalanlagen beantwortet werden (z.B. die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Anlegers in den Kreis der Fondsanteilseigner und die dafür erforderlichen Einlagen) und die Übersendung schriftlicher Informationen und von Antragsformularen sind keine steuerfreien Wertpapierumsätze. Das gilt auch, wenn die von den Anlegern ausgefüllten Anträge und übersandten Zahlungsbelege anhand einer Checkliste überprüft und im Einzelfall weitere Nachforschungen angestellt werden, z.B. über die Herkunft der Geldmittel des Anlegers.

Den Begriff der Vermittlung hat der EuGH im Prinzip übereinstimmend mit der ständigen BFH-Rechtsprechung ausgelegt. "Vermittlung" ist - wie auch der BFH in seinem Urteil vom 25.6.1999, VB 51/99, BFH/NV 1999 S. 1529 ausführt - ein eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts. Er bezieht sich auf eine Tätigkeit, die von einer Mittelsperson ausgeübt wird, die nicht den Platz einer Partei eines Vertrages über ein Finanzprodukt einnimmt und deren Tätigkeit sich von den typischen vertraglichen Leistungen unterscheidet, die von den Parteien solcher Verträge erbracht werden. Die Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Sie kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Zweck dieser Tätigkeit ist es also, das Erforderliche zu tun, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen, ohne dass der Vermittler ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrags hat.

Dagegen handelt es sich nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie der Erteilung von Informationen an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung der Wertpapiere, die Gegenstand des Vertrags sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelsperson, die nicht den Platz einer Vertragspartei einnimmt

Mit dieser Interpretation ist der EuGH der durch den BGH geprägten und vom BFH übernommenen Auslegung des Begriffs Vermittlung als "Verhandeln mit beiden Vertragsparteien mit dem Ziel, einen Vertrag zu Stande zu bringen" gefolgt. In der englischen Sprachfassung der 6. EG-Richtlinie ist der deutsche Begriff "Vermittlung" mit "negotiation" wiedergegeben. Dieser Begriff ist im Gegensatz zu dem deutschen Begriff weiter zu interpretieren, und zwar im Sinne von Verhandlung oder aushandeln. Die Bemühungen des Vermittlers müssen nach der englischen Sprachfassung also nicht zwingend auf den Abschluss eines Vertrags zwischen zwei Vertragsparteien gerichtet sein. Dieser weiteren Interpretation ist der EuGH nicht gefolgt. Soweit in den verschiedenen Sprachfassungen derselben gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift Unterschiede bezüglich der Inhalte der verwendeten Begriffe...

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