Sachverhalt

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie vorliegt, wonach die Mitgliedstaaten "bestimmte im engen Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen", die solche Einrichtungen an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, von der Mehrwertsteuer befreien müssen. Das Vorlagegericht wollte wissen, ob bei solchen Einrichtungen ausschließlich auf die sportlichen Leistungen im Sinne dieser Richtlinienvorschrift abzustellen ist, oder ob andere Umsätze, die die Einrichtung daneben erbringt, ebenfalls zu berücksichtigen sind. Weiterhin war fraglich, ob Mitgliederbeiträge eines Vereins nicht umsatzsteuerbar im Sinne des EuGH-Urteils vom 8.3.1988 (Rs. 102/86, Apple and Pear Development Council) sind und ob ein Verein nur insoweit Unternehmer ist, als er auch Leistungen erbringt, für die er unmittelbare Gegenleistungen erhält. Schließlich wollte das Vorlagegericht erfahren, ob ein Verein auch dann keinen Gewinn im Sinne von Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie anstrebt, wenn er systematisch angestrebte Überschüsse durch Zuführung zu Rücklagen bzw. Rückstellungen für sein sportliches Dienstleistungsangebot verwendet, oder ob dies nur dann gilt, wenn nicht systematisch angestrebte Betriebsüberschüsse entstehen, die den Rücklagen zugeführt werden.

 

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass für die Frage, ob eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, nicht nur auf die nach Artikel 13 steuerfreien Leistungen, sondern auf sämtliche Tätigkeiten der Einrichtung abzustellen ist. Ansonsten hätten auch gewerbliche Unternehmen Anspruch auf die Steuerbefreiung, wenn sie ausnahmsweise Leistungen erbringen, die als solche ohne Gewinnstreben qualifiziert werden könnten.

Nach den weiteren Entscheidungsgründen handelt es sich dann um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben, wenn sie im Gegensatz zum Zweck eines gewerblichen Unternehmens nicht darauf gerichtet ist, für ihre Mitglieder Gewinne zu erzielen. Es kommt also auf den Zweck der Einrichtung und nicht das tatsächliche Ergebnis ihrer Tätigkeit an. Hier verweist der EuGH auf die Sprachfassungen des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der 6. EG-Richtlinie.

Es ist Sache der zuständigen nationalen Stellen zu prüfen, ob eine Einrichtung nach ihrem satzungsmäßigen Zweck und unter den konkreten Umständen des Falles die Voraussetzungen erfüllt, um als Einrichtung ohne Gewinnstreben qualifiziert zu werden. Ist dies der Fall, kann die Tatsache, dass eine Einrichtung tatsächlich Gewinne erwirtschaftet, die ursprüngliche Qualifizierung der Einrichtung nicht in Frage stellen, solange diese Gewinne nicht an ihre Mitglieder verteilt werden. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Richtlinie verbietet den darin genannten Einrichtungen nicht, ihr Geschäftsjahr mit einem positiven Saldo abzuschließen. Ansonsten wären solche Einrichtungen nicht imstande, Rücklagen für die Finanzierung der Erhaltung und künftigen Verbesserung ihrer Anlagen zu bilden. Der EuGH unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Gewinnerzielung und Erwirtschaftung von Überschüssen. Eine Einrichtung könne als eine solche ohne Gewinnstreben qualifiziert werden, auch wenn sie systematisch danach strebt, Überschüsse zu erwirtschaften, die sie anschließend für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet. Unter Gewinnen versteht der EuGH die finanziellen Vorteile für die Mitglieder der Einrichtung.

Höchst bemerkenswert an der Entscheidung ist die Antwort des EuGH auf die 2. Vorlagefrage, ob die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins Gegenleistung für eine von dem Verein erbrachte - steuerbare - Leistung darstellen können. Der EuGH bejaht dies auch für den Fall, dass die Vereinsmitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahresbeitrag zu entrichten. Auch ein pauschaler Jahresbeitrag kann nach dem Urteil Entgelt für die Leistung eines Vereins sein, den Mitgliedern vereinseigene Anlagen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Der EuGH befürchtet, dass bei Verneinung eines Leistungsaustauschs praktisch jeder Unternehmer die Mehrwertsteuer durch Anwendung von Pauschalpreisen umgehen könnte.

Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. EG-Richtlinie wurde durch § 4 Nr. 22 Buchst. b und § 4 Nr. 25 Buchst. c UStG in nationales Recht umgesetzt. Anders als der Wortlaut der Richtlinienvorschrift unterliegen nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sportliche Veranstaltungen der Steuerbefreiung. Nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG gilt dies nur, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht und nach § 4 Nr. 25 Buchst. c, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Insofern sind die sportlichen Dienstleistungen im Sinne der Richtlinienvorschrift durch das nationale Gesetz eingeschränkt. Sportliche Veranstaltungen, insbesondere im Sinne des § 4 Nr. 22 Buch...

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