Sachverhalt

Bei dem vom BFH vorgelegten Verfahren ging es um die mehrwertsteuerliche Beurteilung des Kaufs bzw. Verkaufs zahlungsgestörter Forderungen.

In dem Ausgangsfall erwarb eine GmbH von einer Bank Grundpfandrechte und Forderungen aus gekündigten und fällig gestellten Darlehensverträgen. Vertragsgegenstand war der Erwerb der Grundpfandrechte sowie aller sonstigen Rechte und Ansprüche aus den zugrunde liegenden Darlehensverträgen. Eine Haftung des Verkäufers für die Einbringlichkeit der Forderungen (Delkredererisiko) und den wirtschaftlichen Wert der Sicherheiten war ausdrücklich ausgeschlossen. Die Vertragsparteien trafen eine Regelung zum so genannten wirtschaftlichen Nennwert der verkauften Forderungen, bei der sie davon ausgingen, dass der voraussichtlich realisierbare Teil der Forderungen aufgrund der erheblichen Zahlungsstörungen um mehr als 40 Prozent unter dem Nennwert liegt. Für die voraussichtliche Beitreibung des realisierbaren Teils der Forderungen legten die Vertragsparteien einen Zeitraum von 3 Jahren zugrunde.

Die Vertragsparteien gingen insoweit von einer Kreditgewährung des Käufers an den Verkäufer aus, die aus ihrer Sicht zu einem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert von ca. 54 Prozent des Nennwerts führte. Der vereinbarte Kaufpreis für die Forderungen betrug etwa 52 Prozent des Nennwerts. Eine nachträgliche Kaufpreisanpassung für den Fall, dass der realisierbare Teil der Forderungen später tatsächlich höher oder niedriger ausfällt oder die Realisierung der Forderungen tatsächlich weniger oder mehr Zeit beansprucht, wurde nicht vereinbart. Die Bank legte Verkauf und Abtretung der Forderungen ihren Kunden offen.

Die GmbH erklärte in ihrer USt-Voranmeldung für Oktober 2004 zunächst die Differenz zwischen Kaufpreis und abgezinstem wirtschaftlichem Nennwert als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer. In dem anschließenden Einspruchs- und Klageverfahren vertrat sie jedoch die Auffassung, dass mit dem Ankauf der Forderungen keine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Verkäufer der Forderungen erbracht wurde. Dieser Auffassung schloss sich das FG Düsseldorf an und gab der Klage mit Urteil vom 15.2.2008 (EFG 2008 S. 887) statt.

Der BFH fragte den EuGH, ob beim Verkauf bzw. Kauf zahlungsgestörter Forderungen aufgrund der Übernahme von Forderungseinzug und Ausfallrisiko auch dann eine entgeltliche Leistung und eine wirtschaftliche Tätigkeit des Forderungskäufers vorliegt, wenn sich der Kaufpreis nicht nach dem Nennwert der Forderungen unter Vereinbarung eines pauschalen Abschlags für die Übernahme von Forderungseinzug und des Ausfallrisikos bemisst, sondern nach dem für die jeweilige Forderung geschätzten Ausfallrisiko richtet und dem Forderungseinzug im Verhältnis zu dem auf das Ausfallrisiko entfallenden Abschlag nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Bejahendenfalls fragte der BFH, ob hier eine steuerfreie Gewährung einer anderen Sicherheit oder Garantie durch den Forderungskäufer nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 und 3 der 6. EG-Richtlinie (Art. 135 Abs. 1 Buchst. c und d MwStSystRL) vorliege. Ferner wollte der BFH wissen, ob der Forderungseinzug bei Anwendbarkeit der Steuerbefreiung als Teil einer einheitlichen Leistung oder als Nebenleistung steuerfrei oder als eigenständige Leistung steuerpflichtig ist. Für den Fall, dass insgesamt eine steuerpflichtige Leistung des Forderungskäufers vorliegt, fragte der BFH, ob sich das Entgelt für die steuerpflichtige Leistung nach den von den Parteien vermuteten oder nach den tatsächlichen Einziehungskosten bestimmt.

 

Entscheidung

Der EuGH hat in einem - selbst für seine Verhältnisse - äußerst knappen Urteil entschieden, dass der Factor im vorliegenden Fall keine entgeltliche und damit keine steuerbare Dienstleistung erbringt. Die weiteren Fragen des BFH, z.B. zu einer etwaigen Steuerbefreiung musste der EuGH somit nicht mehr beantworten. Zwar hat sich der EuGH bei der Beurteilung des vorliegenden Falls auf sein Urteil vom 26.6.2003 in der Rs. C-305/01 (MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring GmbH) bezogen. In diesem Urteil hatte er entschieden, dass der Käufer einer Forderung gegenüber dem Verkäufer, gegen den er nach dem Kauf kein Rückgriffsrecht mehr hat, "unbestreitbar" eine Dienstleistung erbringt, die im Wesentlichen in der Einziehung der Forderung und der Entlastung vom Risiko der Nichterfüllung besteht. Der EuGH hatte in dem Urteil klargestellt, dass der Zweck des sog. "Factoring" im Wesentlichen die Einziehung und Beitreibung der Forderungen ist. In dem MKG-Fall erfolgte die Forderungsabtretung zum Nennwert der Forderungen abzüglich Delkredere- und Factoringgebühren von insgesamt 3 Prozent. Der EuGH hat im vorliegenden Verfahren jedoch ausgeführt, dass sich der MKG-Fall erheblich von dem jetzt entschiedenen Fall unterscheidet.

Im jetzigen Verfahren hätte man annehmen können, dass wenn der EuGH in dem MKG-Fall bereits erkannt hat, dass es dem Verkäufer der Forderungen im Ergebnis nur darum geht, sich gegen Zahlung eines E...

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