Leitsatz

Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 40b Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28), Letzterer i.V.m. § 40 Abs. 3 Satz 1 EStG, insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, als danach der Arbeitgeber auf Sonderzahlungen i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2007 zwangsweise pauschale Lohnsteuer zu zahlen hat, durch die er selbst definitiv belastet wird.

 

Normenkette

§§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 8 Abs. 1, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, 19 Abs. 2, 36 Abs. 2 Nr. 2, 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 3a Sätze 2 und 6 Halbsatz 1, 40 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Sätze 1 und 2 Halbsatz 1, 40b Abs. 1, Abs. 3 EStG, §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 Halbsatz 1, Halbsatz 2 Buchst. a, Sätze 2 und 3, 40b Abs. 4, Abs. 5 Satz 1, 52 Abs. 35, Abs. 52a Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2007, § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV, Art. 3 Abs. 1, 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG

 

Sachverhalt

K, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, trat Ende 2008 aus der VBL aus und leistete gem. der VBL-Satzung an die VBL eine Gegenwertzahlung. Die wird erhoben, weil Umlagezahlungen mit Ausscheiden entfallen, aber laufende Betriebsrenten fortzuzahlen und künftige Leistungen für unverfallbare Anwartschaften aus beitragsfreien Versicherungen zu erbringen sind. Die Gegenwertzahlung wird versicherungsmathematisch nach konkreten Geburtsdaten und spezifischen Umlagejahren jedes Versicherten und Rentners der VBL berechnet. Ks Gegenwertzahlung wurde dem Pauschsteuersatz von 15 % nach § 40b Abs. 4 EStG unterworfen (LSt-Anmeldung Dez. 2008). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, ­Urteil vom 16.7.2012, 10 K 4094/09, Haufe-­Index 3253203, EFG 2012, 2006). Mit der vom FG zugelassenen Revision machte K insbesondere geltend, dass die Gegenwertzahlungen Versorgungsanwartschaften nicht erhöhten und deshalb keinen Vorteil zugunsten der Arbeitnehmer auslösten. Gleichheitswidrig wären die Gegenwertzahlungen steuerpflichtig, Sanierungsgelder dagegen nicht. Die hier den Arbeitgebern auferlegten Zahlungen wegen Umstellung des Versorgungssystems stellten im Kern eine verfassungswidrige Verkehrssteuer dar, die lediglich als pauschale Lohnsteuer getarnt sei. Denn die Steuer werde auf betrieblich veranlasste Aufwendungen erhoben, die sich als Betriebsausgaben eigentlich in voller Höhe gewinnmindernd auswirken müssten.

 

Entscheidung

Der BFH setzte das Revisionsverfahren aus und legte die aus dem Leitsatz ersichtliche Frage zur verfassungsrechtlichen Vereinbarung der streitigen Norm dem BVerfG zur Prüfung vor.

 

Hinweis

Der Lohnsteuersenat hält § 40b Abs. 4 EStG für verfassungswidrig, weil danach Arbeitgeber Einkommensteuer für Lohn ihrer Arbeitnehmer zu zahlen und zu tragen haben. Das Verfahren (wie VI R 50/12) wurde daher ausgesetzt und § 40b Abs. 4 EStG dem BVerfG zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. § 40b Abs. 4 EStG knüpft an § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 EStG. Danach gelten seit dem JStG 2007 Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber an eine der in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 EStG genannte Versorgungseinrichtung leistet, als Lohn. Gegenwertzahlungen (nicht Sanierungsgelder! Vgl. Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/3325, 2, 10) sind solche Sonderzahlungen. Der Gesetzgeber reagierte mit dem JStG 2007 auf Urteile des Lohnsteuersenats (z.B. BFH, Urteil vom 15.2.2006, VI R 92/04, BFH/NV 2006, 883, BFH/PR 2006, 233); danach waren Gegenwertzahlungen zuvor kein Lohn.

1. Die LSt ist die als Vorauszahlung erhobene Einkommensteuer auf den Lohn; Schuldner der LSt ist der die Einkünfte erzielende Arbeitnehmer. Dieses Prinzip wird nicht dadurch angetastet, dass der Arbeitgeber die LSt bei jeder Lohnzahlung für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und an das Finanzamt abzuführen hat; auch nicht dadurch, dass der Arbeitgeber in einer Reihe von Fällen (§§ 4040b EStG) die LSt pauschalieren und als eigene Schuld übernehmen kann. Denn die Pauschalierung ist dem Arbeitgeber zur Wahl gestellt. Der Arbeitgeber kann also in diesen Fällen stets auch das Grundprinzip wählen, die Lohnsteuer vom Gehalt des Arbeitnehmers einbehalten und an das Finanzamt abführen.

2. Das ist bei den seit dem JStG 2007 als Lohn geltenden Sonderzahlungen alles anders. Da muss der Arbeitgeber nach § 40b Abs. 4 EStG die Einkommensteuer für vom Arbeitnehmer erzielte Lohneinkünfte endgültig und definitiv tragen. Der Arbeitgeber wird insoweit also originärer Schuldner einer Einkommensteuer für Einkünfte, die fremde Dritte erzielt haben. Der Systembruch ist nicht dadurch weniger gravierend, dass die Einkommensteuer in Form der pauschalierten Lohnsteuer erhoben wird. Der Gesetzgeber suchte dies damit zu rechtfertigen, dass die Besteuerung sich wesentlich vereinfache, die Sonderzahlung vorrangig der Sicherung bereits bestehender, nicht aber der Schaffung neuer Ansprüche diene und der Arbeitgeber die Sonderzahlung auslöse (BT-Druc...

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