Rz. 24

Die steuerneutrale Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts (im Gegensatz zu einem Betrieb, Teilbetrieb und einem Mitunternehmeranteil[1]) von einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen (kein Rechtsträgerwechsel) ist gewährleistet (§ 6 Abs. 5 Sätze 1, 2 EStG). Das Sonderbetriebsvermögen wird als Betrieb des Steuerpflichtigen behandelt.[2] Daher gilt § 6 Abs. 5 EStG (Buchwertübertragung) nicht nur für die Überführung von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen (§ 6 Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz EStG), sondern auch für die Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in sein Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt (§ 6 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz EStG) sowie für die Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften (§ 6 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz EStG). Da ein Rechtsträgerwechsel nicht stattfindet, spricht das Gesetz von "Überführen" statt von "Übertragen".[3]

 

Rz. 25

Die Buchwertfortführung mit Rechtsträgerwechsel bei unentgeltlichen Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern wird in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG behandelt. Bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern, sind die Buchwerte fortzuführen, wenn das Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers stammt und in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird und umgekehrt (Nr. 1), ferner wenn es aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Mitunternehmer beteiligt ist, übertragen wird und umgekehrt (Nr. 2). § 6 Abs. 5 Satz 3 Nrn. 1 - 2 EStG behandeln die unentgeltliche Übertragung und eine Übertragung gegen Gewährung bzw. Minderung von Gesellschaftsrechten ausdrücklich gleich. Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG sind die Buchwerte auch fortzuführen bei unentgeltlichen Übertragungen von Wirtschaftsgütern von einem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers derselben Mitunternehmerschaft.

 

Rz. 26

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass die Übernahme von Verbindlichkeiten zu einer (teil‐)entgeltlichen Übertragung führt. Sofern die Gegenleistung unter dem Verkehrswert liegt, wird die Übertragung unter Anwendung der Grundsätze der sog. (reinen) "Trennungstheorie" anhand der erbrachten Gegenleistung im Verhältnis zum Verkehrswert des betreffenden Wirtschaftsguts in einen unentgeltlichen – Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG – und einen entgeltlichen Teil – Aufdeckung der stillen Reserven – aufgespalten.[4] Der IV. Senat des BFH lehnt diese Verwaltungsauffassung ab. Nach seinen Urteilen vom 19.9.2012[5] und vom 21.6.2012[6] führt eine teilentgeltliche Übertragung nur insoweit zu einem Gewinn, wie das Entgelt den vollen Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts überschreitet (sog. "modifizierte Trennungstheorie"). Das BMF möchte diese Entscheidungen nicht anwenden.[7]

 

Rz. 27

Es ist streitig, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch auf die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen personenidentischen Schwestergesellschaften anwendbar ist. Der I. Senat hatte mit Urteil vom 25.11.2009[8] entschieden, dass eine solche Übertragung nicht von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfasst wird. Der IV. Senat möchte in seinem Beschluss vom 15.4.2010[9] dagegen unter verfassungskonformer Auslegung § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend auf eine solche Übertragung anwenden. Dies führte zu einem Streit zwischen den betreffenden Senaten, der als "Zoff im BFH"[10] bezeichnet wurde. Zu der erwarteten Divergenzanrufung an den Großen Senat des BFH kam es aber nicht, weil der I. Senat des BFH durch Beschluss vom 10.4.2013[11] mit Verweis auf einen möglichen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG das Bundesverfassungsgericht angerufen hat.[12]

 

Rz. 28

Wird das nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragene Wirtschaftsgut innerhalb einer Sperrfrist veräußert oder entnommen, ist gem. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung der Teilwert anzusetzen, es sei denn, die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven sind durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet worden. Diese Sperrfrist endet 3 Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die in Satz 3 bezeichnete Übertragung erfolgt ist. Letztendlich soll die Regelung sicherstellen, dass Umstrukturierungen erleichtert werden. Sofern die Übertragung der Vorbereitung einer Veräußerung dient bzw. diente, soll keine Begünstigung erfolgen.[13]

 

Rz. 29

Weitere Restriktionen hinsichtlich der Steuerneutralität eines Übertragungsvorgangs nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG können sich auch aus den Regelungen in § 6 Abs. 5 Sätze 5, 6 EStG ergeben.[14] Sofern die Übertragung dazu führt, dass der Anteil einer Körperschaft, Personenvereinig...

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