Neben aktivem Sonderbetriebsvermögen gibt es auch passives/negatives Sonderbetriebsvermögen in Gestalt eines negativen Wirtschaftsguts "Schuld"[1], wobei wie erwähnt auch zwischen Sonderbetriebsvermögen I und II zu unterscheiden sein kann[2].

Notwendiges passives Sonderbetriebsvermögen sind Schulden, die unmittelbar durch den Betrieb der Gesellschaft oder die Beteiligung an der Gesellschaft ausgelöst worden sind. Hierzu gehören Schulden eines Mitunternehmers gegenüber Dritten, aber auch gegenüber der Gesellschaft selbst, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit aktiven Wirtschaftsgütern des notwendigen oder gewillkürten Sonderbetriebsvermögens stehen, z. B. zur Finanzierung ihrer Anschaffungskosten aufgenommen wurden. Auch Verbindlichkeiten, die zur Finanzierung der gesellschaftsvertraglichen Einlageverpflichtung eingegangen worden sind, gehören zum (negativen) Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters[3].

 
Praxis-Beispiel

Notwendiges passives Sonderbetriebsvermögen

A ist als Gesellschafter an der X-KG beteiligt. Im Jahr 2021 hat er ein unbebautes Grundstück für 100.000 EUR gekauft und der KG zur betrieblichen Nutzung überlassen. Der Kaufpreis wurde zu 80 % = 80.000 EUR fremdfinanziert. Außerdem gewährt A der KG ein Darlehen von 50.000 EUR. Aufgrund des beschriebenen Sachverhalts ergibt sich folgende Sonderbilanz für A:

 
Aktiva Sonderbilanz A Passiva
Grund und Boden 100.000 EUR Sonderkapital 70.000 EUR
Forderung gegenüber KG 50.000 EUR Darlehen für Grundstückskauf 80.000 EUR
  150.000 EUR   150.000 EUR

Gewillkürtes passives Sonderbetriebsvermögen gibt es prinzipiell nicht, weil Schulden nicht als passives Sonderbetriebsvermögen gewillkürt werden können.[4] Dies gilt auch, wenn die Darlehensmittel dem Erwerb von gewillkürtem Betriebsvermögen dienen. Auch in diesem Fall ist die Qualifikation der Verbindlichkeit als Betriebsschuld nicht Folge eines Willküraktes, sondern ergibt sich aus der steuerrechtlichen Anerkennung der – gewillkürten – Zurechnung eines aktiven Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen einerseits und dem – durch die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel hergestellten – Zurechnungszusammenhang zwischen diesem Wirtschaftsgut und der Kreditaufnahme andererseits. Es handelt sich dann um notwendiges passives Sonderbetriebsvermögen, weil es mit gewillkürtem aktiven Sonderbetriebsvermögen in ursächlichem Zusammenhang steht.[5]

Anzumerken ist, dass der BFH[6] grundsätzlich die Bildung von gewillkürtem passiven Sonderbetriebsvermögen für möglich hält, wenn der entsprechende notwendige Widmungsakt zeitnah in den Büchern oder in Aufzeichnungen dokumentiert wird. Ob daran festzuhalten ist, dass eine Beteiligung auch dem gewillkürten Sonderbetriebsvermögen II zugeordnet werden kann, hat der BFH[7] neuerdings offengelassen.

 
Wichtig

Passivierung von § 6b-Rücklagen in einer Sonderbilanz

Auch Rücklagen i. S. d. § 6b Abs. 3 EStG für Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen sind in der durch die Mitunternehmerschaft aufzustellenden Sonderbilanz zu passivieren.[8] Grundsätzlich wird vermutet, dass die Sonderbilanz mit dem Mitunternehmer abgestimmt ist. Diese Vermutung gilt nicht bei einem ausgeschiedenen Gesellschafter.

 
Hinweis

Besonderheiten bei Bürgschaften

Bürgschaftsverpflichtungen eines Mitunternehmers für Kreditgewährungen an die Mitunternehmerschaft sind zwar passives Sonderbetriebsvermögen und die Ersatzforderung aktives Sonderbetriebsvermögen, wenn sie für betriebliche Schulden der Personengesellschaft eingegangen werden. Die Bürgschaften können aber nach der Rechtsprechung[9] während des Bestehens der Gesellschaft nicht als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in der Sonderbilanz passiviert werden. Denn dem zu bilanzierenden Ersatzanspruch des bürgenden Gesellschafters steht korrespondierend eine entsprechende Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber, die in einer Gesamtbilanz zu Eigenkapital würde, weshalb eine Teilwertabschreibung auf den Ersatzanspruch wegen der korrespondierenden Bilanzierung ausscheidet.

Der BFH lässt die Bildung einer Rückstellung in der Sonderbilanz bei drohender Inanspruchnahme nicht zu, sondern erst im Zeitpunkt der Beendigung der Gesellschaft oder beim Ausscheiden des Gesellschafters. Ein entsprechender Aufwand entsteht also erst bei Beendigung der Gesellschaft oder bei Verkauf oder Aufgabe des Mitunternehmeranteils in Form eines geringeren Veräußerungs- oder Aufgabegewinns.[10]

Im Fall der Betriebsaufspaltung lässt der BFH[11] dagegen die Bildung einer Rückstellung im negativen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters der Besitzpersonengesellschaft zu, wenn die Bürgschaftsübernahme zu nicht marktüblichen Konditionen übernommen wird.

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