Kommentar

Der BFH hat seine Rechtsprechung zu Zahlungen aus Bonusprogrammen der gesetzlichen Krankenversicherung geändert und entschieden, dass der Sonderausgabenabzug bei Kostenerstattungen nicht zu mindern ist. Das BMF erläutert nun mit Schreiben vom 29.3.2017 das weitere Verfahren.

Steuerbürger dürfen nur solche Kosten als Sonderausgaben abziehen, durch die sie tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet sind. Aus diesem Grund sind Krankenversicherungsbeiträge zunächst um erstattete Beiträge zu mindern, bevor sie in der Einkommensteuerfestsetzung zum Sonderausgabenabzug zugelassen werden.

Steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung aus 2016

Mit Urteil vom 1.6.2016[1] hat der BFH entschieden, dass bestimmte Bonusleistungen von gesetzlichen Krankenkassen den Sonderausgabenabzug nicht mindern dürfen. Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte eine gesetzlich versicherte Frau von ihrer Krankenkasse einen Betrag von 150 EUR aus einem Bonusprogramm als Kostenerstattung für von ihr ergriffene Gesundheitsmaßnahmen erhalten. Ihr Bonusmodell hatte sich an Kassenmitglieder gerichtet, die bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen in Anspruch genommen und daneben den Aufwand für weitere kostenpflichtige Gesundheitsmaßnahmen (z. B. Massagen) aus eigener Tasche gezahlt hatten.

Der BFH urteilte damals, dass die Bonusleistungen den Sonderausgabenabzug nicht mindern durften, weil sie keine Erstattungen gezahlter Krankenversicherungsbeiträge waren. Das Gericht verwies darauf, dass die Beitragslast der Versicherten durch die Bonuszahlung nicht gemindert worden ist. Denn entscheidende Voraussetzung für die Bonusgewährung war, dass die versicherte Person bestimmte Kosten für Gesundheitsmaßnahmen selbst getragen hatte - insofern handelte es sich nicht um eine Beitragserstattung, sondern um eine Kostenerstattung.

Reaktion der Finanzverwaltung

Die Rechtsprechung stand im Widerspruch zur damals geltenden Auffassung die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 19.8.2013[2], wonach sämtliche aufgrund eines Bonusprogramms gewährten Krankenkassenleistungen als Beitragserstattungen von den Krankenversicherungsbeiträgen abzuziehen waren.

Mit BMF-Schreiben v. 6.12.2016[3] vollzog die Verwaltung dann allerdings die Kehrtwende: Die Finanzämter wurden angewiesen, die neuen Urteilsgrundsätze mit sofortiger Wirkung auf gleichgelagerte Sachverhalte anzuwenden. Nach dem Schreiben darf eine Verrechnung von Bonusleistungen mit Krankenversicherungsbeiträgen aber nur unterbleiben, wenn die gesetzlichen Krankenkassen über den Bonus

  • die Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstatten,
  • die nicht im regulären Versicherungsumfang enthalten sind und
  • deshalb von dem Versicherten vorab privat finanziert worden sind.

Nur in dieser Fallkonstellation handelt es sich nach der BMF-Weisung um eine (nicht zu verrechnende) Kostenerstattung und nicht um eine (zu verrechnende) Beitragserstattung. Für diese günstige Einordnung muss sich aus den konkreten Bestimmungen des Bonusprogramms ergeben, dass durch den Versicherten vorab Kosten für zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen aufzuwenden sind, die dann nach Vorlage eines Kostennachweises von der Krankenversicherung erstattet werden.

Hinweis: Zentrale Voraussetzung für die Nichtverrechnung von Bonusleistungen ist nach dem BMF-Schreiben also, dass im Bonusprogramm explizit eine Kostentragung durch den Versicherten vorausgesetzt wird. Regelt das Programm lediglich, dass der Versicherte für den Bonuserhalt bestimmte Gesundheitsmaßnahmen durchführen oder sich in gewisser Weise verhalten muss, ist die Bonusleistung hingegen keine Kostenerstattung, sondern eine zu verrechnende Beitragserstattung.

Praktische Umsetzung über Papierbescheinigung

Das BMF hat nun ergänzend darauf hingewiesen, dass Krankenversicherungen für den Veranlagungszeitraum 2016 noch sämtliche Beitragserstattungen und Geld-/Sachprämien aus Bonusprogrammen zusammengefasst als sonderausgabenmindernde Beitragsrückerstattung an die Finanzämter melden. Aufgrund der elektronisch übermittelten Datensätze der Versicherer können die Ämter also nicht erkennen, inwieweit es sich um (nicht zu verrechnende) Kostenerstattungen handelt.

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben die gesetzlichen Krankenversicherungen daher gebeten, für ihre Bonusprogramme die Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechungsgrundsätze zu prüfen. Versicherte, die Erstattungen aufgrund eines von der Rechtsprechung anerkannten Bonusprogramms erhalten haben, sollen von ihrer Versicherung im Laufe des Jahres 2017 per Papierbescheinigung darüber informiert werden. Das BMF verweist darauf, dass Versicherte diese Bescheinigung bei ihrem zuständigen Finanzamt einreichen sollen. Die Bescheinigung ist Voraussetzung und Grundlage für die Prüfung der Einkommensteuerfestsetzung durch das Finanzamt - ein gesonderter Einspruch zur Korrektur des Sonderausgabenabzugs ist nach der BMF-Mitteilung nicht erforderlich.

Hinweis: Wer keine Papierbescheinigung von seiner Krankenversicherung erhält, soll davon ausgehen, dass seine Bonuslei...

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