Eine besondere Situation ergibt sich, wenn der Unternehmer keinen Gewinn, sondern einen Verlust erzielt hat. Durch den Verlust entstehen Überentnahmen selbst dann, wenn der Unternehmer im Verlustjahr keine Entnahmen getätigt hat.

Für die Berechnung der Überentnahme ist zunächst vom einkommensteuerrechtlichen Gewinn auszugehen. Als "Gewinn" ist daher grundsätzlich auch ein Verlust anzusehen. Davon ist allerdings insoweit eine Ausnahme geboten, als Verluste für sich genommen nicht zu einer Kürzung des Schuldzinsenabzugs führen dürfen.[1] Die Ausgestaltung der Regelung über die Begrenzung des Schuldzinsabzugs beruht auf dem Eigenkapitalmodell und der Vorstellung, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf, als er erwirtschaftet und eingelegt hat.

Aber! Es widerspricht dem Sinn der Regelung, wenn Schuldzinsen allein deshalb nicht abziehbar sind, weil der Steuerpflichtige einen Verlust erwirtschaftet hat. Der Verlust allein kann daher nicht unter dem Gesichtspunkt der "Überentnahme" zu einer Einschränkung des Schuldzinsenabzugs führen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige niemals eine Entnahme getätigt hat. Es ist daher anerkannt, dass in einem Verlustjahr bei isolierter Betrachtung dieses Jahres die Überentnahme nicht höher sein darf als die Entnahme und auch nicht höher als die Differenz zwischen Entnahme und Einlage.

Die Überentnahme des aktuellen Wirtschaftsjahres ist auf den Überschuss der Entnahmen begrenzt. Übersteigen umgekehrt die Einlagen die Entnahmen, wird der Überschuss der Einlagen mit dem Verlust verrechnet, so dass der Verlust die Unterentnahme dieses Jahres ggf. bis auf Null mindert.

Übersteigen im Verlustentstehungsjahr die Privateinlagen die Privatentnahmen, wird der Verlust zunächst mit dem Einlagenüberschuss verrechnet. Soweit der Verlust noch nicht ganz ausgeglichen ist, wird er mit Unterentnahmen aus Vorjahren bzw. Folgejahren verrechnet.

 
Praxis-Beispiel

Verlustjahr: Berechnung von Überentnahme und Entnahmeüberschuss

Der Betrieb eines Unternehmers hat für das Jahr 05 mit einem Verlust von 100.000 EUR abgeschlossen. Der Unternehmer hat im Jahr 05 keine Entnahmen getätigt und dem Betrieb wurden im Jahr 05 keine Einlagen zugeführt. Aus den vorangegangenen Jahren stammt eine Unterentnahme von 10.000 EUR.

Der kumulierte Überschuss der Entnahmen des Vorjahres beträgt 75.000 EUR (Vorjahreswerte an kumulierten Entnahmen 350.000 EUR und an kumulierten Einlagen 275.000 EUR).

Berechnung der Überentnahme des Jahres 05 (Beträge in EUR):

 

Entnahmen des Wirtschaftsjahres 05

- Einlagen des Wirtschaftsjahres 05

- Verlust des Wirtschafsjahres 05

0

0

100.000

= Überentnahme es Wirtschaftsjahres 05

- Unterentnahme aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren

100.000

- 10.000

= kumulierte Überentnahme

(geht in die Berechnung des Folgejahres ein)
90.000

Berechnung des Entnahmeüberschusses des Jahres 05 (Beträge in EUR):

 

Entnahmen des Wirtschaftsjahres 05

- Einlagen des Wirtschaftsjahres 05

- kumulierter Entnahmeüberschuss des Vorjahres

0

0

75.000
= kumulierter Entnahmeüberschuss des Jahres 05 75.000

Die Überentnahme des Wirtschaftsjahres 05 ist mit der Unterentnahme der Vorjahre zu verrechnen und bewirkt eine kumulierte Überentnahme im Jahr 05 in Höhe von 90.000 EUR; die Überentnahme ist aber auf den kumulierten Entnahmeüberschuss von 75.000 EUR zu begrenzen. In die Berechnung des Folgejahres geht als Vorjahreswert die Überentnahme mit dem Betrag von 90.000 EUR ein.

Im Folgejahr 06 ergibt sich ein Gewinn in Höhe von 10.000 EUR. Entnahmen und Einlagen werden nicht getätigt.

Berechnung der Überentnahme des Jahres 06 (Beträge in EUR):

 

Entnahmen des Wirtschaftsjahres 06

- Einlagen des Wirtschaftsjahres 06

- Gewinn des Wirtschaftsjahres 06

0

0

10.000

= Unterentnahme des Wirtschaftsjahres 06

- Überentnahme aus dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr

10.000

90.000

= kumulierte Überentnahme

(geht in die Berechnung des Folgejahres ein)
80.000

Berechnung des Entnahmeüberschusses des Jahres 06 (Beträge in EUR):

 

Entnahmen des Wirtschaftsjahres 06

- Einlagen des Wirtschaftsjahres 06

- kumulierter Entnahmeüberschuss des Vorjahres

0

0

75.000
= kumulierter Entnahmeüberschuss des Jahres 06 75.000

Die Überentnahme des Vorjahres 05 in Höhe von 90.000 EUR ist fortzuschreiben und um die Unterentnahme des Wirtschaftsjahres 06 in Höhe von 10.000 EUR zu mindern. Dadurch ergibt sich im Jahr 06 eine Überentnahme von 80.000 EUR. Da in 06 keine Einlagen und Entnahmen getätigt wurden, beträgt der kumulierte Überschuss der Entnahmen weiterhin 75.000 EUR. Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen ist im Jahr 06 auf den kumulierten Überschuss der Entnahmen von 75.000 EUR zu begrenzen.

Die Privateinlagen reichen in der Regel nicht aus, um ein positives Ergebnis zu erzielen. Somit sind alle Privatentnahmen, die über die Einlagen hinausgehen, als Überentnahmen zu werten. Im Entstehungsjahr beeinflusst der Verlust selbst jedoch nicht die Ermittlung der Über- und Unterentnahmen.

Der Verlust bewirkt ...

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