Rz. 44

Mit Empfänger i. S. v. § 160 AO ist grundsätzlich jener Vertragspartner gemeint, der die vom Steuerpflichtigen geleistete Zahlung aufgrund eigener Leistung verdient hat. Ist eine natürliche oder juristische Person , die die Zahlungen unmittelbar entgegennahm, lediglich zwischengeschaltet, weil sie entweder mangels eigener wirtschaftlicher Betätigung die ausbedungenen Leistungen nicht erbringen konnte oder weil sie aus anderen Gründen die ihr erteilten Aufträge und die empfangenen Gelder an Dritte weiterleitete, so ist sie nicht Empfänger i. S. d. § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, so dass die hinter ihr stehenden Personen, an die die Gelder letztlich gelangt sind, zu benennen sind.[1] Die Benennung einer Domizilgesellschaft ist grundsätzlich keine ausreichende Empfängerbenennung i. S. d. § 160 AO, selbst wenn ihr die Beträge zugeflossen sind, also unstreitig betrieblich veranlasste Zahlungen gem. § 4 Abs. 4 EStG entstanden sind.[2]

 

Rz. 45

Domizil- oder Basisgesellschaften (Briefkastenfirmen, Scheinfirmen) sind Gebilde ohne eigenen Geschäftsbetrieb im Sitzstaat, ohne eigenes Personal, sie sind in den amtlichen Telefonbüchern, wenn überhaupt, nur unter c/o-Anschriften zu finden und haben lediglich einen formalen statuarischen Sitz in einem Niedrigsteuerland. Der Zweck solcher in Steueroasen[3] gegründeten, aus Wettbewerbsgründen meist in Form von Kapitalgesellschaften auftretenden Gesellschaften ist die Abschirmung der "echten Hintermänner" und die Verlagerung in Deutschland eigentlich steuerpflichtiger Einnahmen in die jeweiligen Steueroasen. Der Begriff der Domizilgesellschaft findet sich in Art. 32 Abs. 1 der Schweizerischen Verordnung über das Handelsregister. Für den Anwendungsbereich des § 160 AO ist es jedoch unerheblich, ob die Gesellschaft die Voraussetzungen, unter denen das schweizerische Recht vom Bestehen einer Domizilgesellschaft ausgeht, in allen Punkten erfüllt. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob das liechtensteinische Recht diesen Begriff kennt. Maßgeblich ist allein, dass die Umstände des Falls den Verdacht nahe legen, die Gesellschaft sei selbst nicht in nennenswertem Umfang wirtschaftlich tätig gewesen.[4]

 

Rz. 46

Als Empfänger i. S. d. § 160 AO sind deshalb bei Domizilgesellschaften die tatsächlichen wirtschaftlichen Endempfänger zu benennen.[5] Leistet ein Steuerpflichtiger Zahlungen an eine Domizilgesellschaft für Leistungen, die diese mangels eigenen fach- und branchenkundigen Personals nicht selbst erbringen kann, so ist der Empfänger i. S. d. § 160 AO nicht die Domizilgesellschaft, sondern derjenige, an den diese die Gelder weitergeleitet hat. Dieser kann, muss aber nicht Gesellschafter der Domizilgesellschaft sein. Die Aufforderung des Finanzamts an den Steuerpflichtigen, den tatsächlichen Empfänger zu benennen, ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn für den Steuerpflichtigen bei vernünftiger Beurteilung der Umstände erkennbar gewesen ist, dass die von der Domizilgesellschaft angebotenen Leistungen nicht von deren Personal erbracht werden können und aus diesem Grund von der Einschaltung inländischer Leistungsträger auszugehen ist.[6]

Die Empfängerbenennung nach § 160 AO umfasst auch die Angabe des vollen Namens und die Anschrift des Empfängers. Sie muss so beschaffen sein, dass das FA ohne weitere eigene Ermittlungen weiß, bei wem sich die Forderungen oder Einnahmen steuerlich auswirken. Die bloße Angabe einer Hotelanschrift genügt nicht.

 

Rz. 47

Bei Kapitalgesellschaften und bei Personengesellschaften i. S. d. HGB genügt grundsätzlich die Angabe des Namens und der Anschrift der Firma. Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) genügt es, wenn neben den allgemeinen Angaben zur Konkretisierung der Gesellschaft zumindest der Name und die Anschrift der Person genannt wird, die für die Gesellschaft die Leistung in Empfang genommen hat. Die Benennung aller Gesellschafter einer GbR ist nicht erforderlich.[7]

 

Rz. 48

Die Benennung ist nicht genau, wenn sich herausstellt, dass Name und/oder Adresse fingiert sind.[8] Die Benennung lediglich formaler Anteilseigner (z. B. Treuhänder) reicht nicht aus, ebenso wenig die Erklärung des Steuerpflichtigen, nicht er, sondern ein fremder Dritter stehe hinter der ausländischen Gesellschaft.[9] Ferner führen ausländische Verbotsnormen nicht dazu, dass ein Offenlegungsverlangen von vornherein unverhältnismäßig oder unzumutbar wird.[10]

 

Rz. 49

Für die Frage, ob eine Domizilgesellschaft gegeben ist, kann die Finanzverwaltung auf die beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gesammelten Erkenntnisse zurückgreifen. Die beim BZSt vorgehaltene Datensammlung dient nach der Rechtsprechung des BVerfG der zentralen Erfassung des behördlichen Wissens, um insbesondere den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern, durch den Steuern rechtswidrig verkürzt werden sollen. Dazu sollen insbesondere Informationen über ausländische Domizilgesellschaften zusammengetragen werden, um etwa die steuerliche Abziehbarkeit von Zahlungen derartiger Gesellschaften beurteilen zu...

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