Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Beseitigung einer Ungewissheit nach § 171 Abs. 8 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Änderung einer vorläufigen Steuerfestsetzung aufgrund nachträglich festgestellter Liebhaberei. Zum Zeitpunkt der Beseitigung einer Ungewissheit i.S.d. § 171 Abs. 8 AO.

 

Normenkette

AO § 165 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 171 Abs. 8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.09.2008; Aktenzeichen IV R 1/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (Bekl.), das Finanzamt, berechtigt war, die gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufigen Verlustfeststellungsbescheide 1984 - 1991 für die ehemalige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) "Hof ..." ersatzlos aufzuheben. Nach Ansicht der Kläger (KI.) ist die Aufhebung nach Ablauf der Festsetzungsfristen erfolgt und deshalb rechtswidrig.

Die KI. führen den Rechtsstreit als ehemalige Gesellschafter der inzwischen voll beendeten GbR "Hof ...".

Durch Kaufvertrag vom 25. April 1984 erwarben die KI. in GbR zu gleichen Teilen den in ... gelegenen 20,0554 ha großen Hof mit allen gesetzlichen Bestandteilen, insbesondere den aufstehenden Gebäuden, jedoch ohne totes und lebendes Inventar. Der Kaufpreis in Höhe von 860.000 DM wurde z.T. durch (überwiegend fremd finanzierte) Einzahlungen auf das Notaranderkonto und z.T. durch Übernahme der vom Verkäufer für dinglich gesicherte Kredite geschuldeten Tilgungsleistungen beglichen. Den restlichen Kaufpreis zahlten die KI. vereinbarungsgemäß zum 30. Januar 1992. - Übergabe- und Verrechnungstag war nach den getroffenen Vereinbarungen der Tag der Eigentumsumschreibung, die schließlich am 5. Oktober 1992 erfolgte. - Auf Grund einer Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag hatte der Verkäufer den landwirtschaftlichen Betrieb bis zum Übergabetag (5. Oktober 1992) auf eigene Rechnung weiter bewirtschaftet. Den KI. waren in der Zusatzvereinbarung im Hinblick auf die von ihnen erbrachten Vorleistungen Nutzungsrechte an nicht ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Teilen des Hofes und außerdem das Recht auf bauliche Umgestaltung von Gebäuden (Ausbau als Wohnung) eingeräumt worden. - Wegen der Einzelheiten der zwischen den KI. und dem Verkäufer getroffenen Vereinbarungen wird auf den Kaufvertrag und die Zusatzvereinbarung Bezug genommen.

Nach dem Eigentumsübergang (am 5. Oktober 1992) übernahmen die KI. die Bewirtschaftung des Hofes. Dabei ließen sie die erforderlichen Arbeiten durch den Verkäufer bzw. fremde Dritte als Lohnunternehmer durchführen.

Am 11. März 1993 verkauften die KI. den Hof für 800.000 DM. Als Übergabetag wurde der 21. Juli 1993 vereinbart. Den aus dem Verkauf resultierenden Veräußerungsgewinn gaben die KI. in ihrer am 13. September 1995 beim Bekl. eingereichten Feststellungserklärung 1993 und dem gleichzeitig vorgelegten Jahresabschluss 1992/1993 auf den 30. Juni 1993 mit 86.516 DM an.

Nach dem Akteninhalt haben die KI. die Gebäude des Hofes zu keiner Zeit eigenwohnlich genutzt.

Die KI. erklärten ab dem Wirtschaftsjahr 1984/1985 bis zum Verkauf negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der Bekl. stellte die Einkünfte für die Veranlagungszeiträume 1984 - 1993 antragsgemäß wie folgt gesondert und einheitlich fest:

Gewinn/Verlust Feststellungsbescheide1984 - 35.000 DM vom 9. Mai 19901985 - 82.345 DM vom 9. Mai 19901986 - 78.022 DM geändert vom 11. Juni 19901987 - 57.530 DM vom 9. Mai 19901988 - 53.802 DM vom 9. Mai 19901989 - 53.724 DM vom 13. Februar 19921990 - 53.356 DM vom 19. August 19921991 - 91.851 DM vom 24. Februar 19941992 - 117.387 DM vom 31. Januar 19951993 + 63.279 DM* vom 14. März 1996 - 559.739 DM * einschl. Veräußerungsgewinn (86.516 DM)

Der Bekl. erklärte sämtliche Feststellungsbescheide gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO für "vorläufig hinsichtlich der Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, da eine Zuordnung zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften oder Liebhaberei bzw. Einkommensverwendung noch nicht möglich ist".

Die bis zum Eigentumsübergang am 5. Oktober 1992 von den KI. als Verluste bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erklärten vorweggenommenen Betriebsausgaben bestanden hauptsächlich aus Schuldzinsen, Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen.

Am 23. August 1989 hatte der Bekl. den Hof "..." besichtigt. - Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf den Aktenvermerk vom 25. August 1989 Bezug genommen.

Am 26. Oktober 1998 fand eine Betriebsprüfung (Bp.) bei den KI. statt. Der Betriebsprüfer gewann die Überzeugung, dass die KI. auf Grund der Struktur des Betriebes von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden seien und dass die Tätigkeit infolgedessen dem Bereich der steuerlich unbeachtlichen sog. Liebhaberei zugeordnet werden müsse. - Wegen der einzelnen Prüfungsfeststellungen wird auf den Bp.-Bericht vom 2. Februar 1999 Bezug genommen.

Der Bekl. schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und hob die Feststellungsbescheide 1984 - 1993 nach vorheriger Anhörung der KI. durch Verwaltungsakt vom 7. Mai 1999 ersatzlos auf.

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