Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Anerkennung einer Pensionsrückstellung: keine Festlegung der für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendenden Sterbetafel - Eindeutigkeitsgebot - Auslegungsregeln

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die steuerliche Anerkennung einer Pensionsrückstellung setzt nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG im Hinblick auf die in einer Pensionszusage enthaltene Abfindungsklausel nicht die Festlegung der für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendenden Sterbetafel voraus.

2. Pensionszusagen sind auch nach Einfügung des Eindeutigkeitsgebots in § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist.

 

Normenkette

EStG § 6a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.07.2019; Aktenzeichen XI R 47/17)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die in einer Pensionszusage enthaltene Abfindungsklausel das Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch ohne konkrete Festlegung der für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendenden Sterbetafel erfüllt.

Die Klägerin ist eine mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 12. Januar 1998 gegründete GmbH, deren Gegenstand der Betrieb einer Agentur für die Vermittlung von ... ist. Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin sind A und B. Die Klägerin schloss mit den Geschäftsführern am 1. April 1998 jeweils einen Geschäftsführervertrag, eine Tantiemevereinbarung und einen Kraftfahrzeugüberlassungsvertrag. Mit Gesellschafterbeschluss vom 19. November 1998 wurden die Geschäftsführerverträge um eine Pensionszusage vom 19. November 1998 ergänzt. Mit den Pensionszusagen wurde den Geschäftsführern eine jährliche Altersrente ab dem 65. Lebensjahr in Höhe von 40.000 DM (A) bzw. 60.000 DM (B) sowie eine vorgezogene Altersrente, eine Berufsunfähigkeitsrente und eine Witwen- und Waisenrente zugesagt. Im Hinblick auf die Zahlung der Versorgungsbezüge sahen die Pensionszusagen folgende Abfindungsklausel vor:

"Das Unternehmen behält sich vor, bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze bzw. Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes anstelle der Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Barwerts der Rentenverpflichtung zu gewähren. Hierdurch erlöschen sämtliche Ansprüche aus der Pensionszusage einschließlich einer etwaigen Hinterbliebenenrente. [...] Bei der Ermittlung des Kapitalbetrages sind ein Rechnungszinsfuß von 6 vom Hundert und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden [...]."

Für die den Geschäftsführern erteilten Pensionszusagen bildete die Klägerin in der Bilanz Pensionsrückstellungen, die sich zum 31. Dezember 2009 auf 229.330 € beliefen und in den Streitjahren 2010 um 24.923 € auf 254.253 € und 2011 um 26.180 € auf 280.433 € erhöht wurden. Die Höhe der Rückstellungen wurde mit einem Rechnungszins von 6% auf der Grundlage der Richttafeln 2005G von Prof. Dr. Klaus Heubeck ermittelt. Die Klägerin wurde in den Streitjahren 2009 bis 2011 erklärungsgemäß veranlagt.

Im Rahmen einer für die Streitjahre 2009 bis 2011 bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung stellte die Fachprüferin für betriebliche Altersversorgung der Groß- und Konzernbetriebsprüfungsstelle des Finanzamts E fest, dass die in den Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklausel keine Angaben dazu enthalte, welche Sterbetafel für die Berechnung des Barwerts der Rentenverpflichtung zu verwenden sei. Das Schriftformerfordernis des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG sei nur erfüllt, wenn das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Abfindungshöhe, das auch die zu verwendende Sterbetafel beinhalte, eindeutig und präzise fixiert sei (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF-vom 6. April 2005, Bundessteuerblatt -BStBl- I 2005, 619, Tz. 3). Die Bildung der Pensionsrückstellungen scheide daher in den Streitjahren aus, so dass die Pensionsrückstellungen wie folgt aufzulösen seien:

Stichtag

Auflösungsbetrag

Gewinnänderung

31.12.2009

- 229.330€

+ 229.330 €

31.12.2010

- 254.253€

+ 24.923 €

31.12.2011

- 280.433€

+ 26.180 €

Der Beklagte schloss sich den Feststellungen der Außenprüfung an und setzte mit Änderungsbescheiden vom 25. Februar 2014 die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag für die Streitjahre 2009 bis 2011 in folgender Höhe fest:

Körperschaftsteuer

Gewerbesteuermessbetrag

2009

74.671€

17.423 €

2010

40.679€

9.492 €

2011

51.311 €

11.970 €

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 25. März 2014 beim Finanzgericht eingegangenen Sprungklage, der der Beklagte mit dem am 25. April 2014 eingegangenen Schriftsatz vom 23. April 2014 zugestimmt hat. Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass die Pensionszusage im Hinblick auf die Abfindungsklausel dem Schriftformerfordernis des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG genüge, da es nach dem BMF-Schreiben vom 28. August 2001 (BStBl. I 2001, 594) für die eindeutige Ermittlung der Kapitalbetrages nur einer alternativen Festlegung von Rechnungszinsfuß oder anzuwendender Sterbetafel bedürfe. Die ...

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