Entscheidungsstichwort (Thema)

Liposuktion (Fettabsaugung) ist keine außergewöhnliche Belastung gem. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV

 

Leitsatz (redaktionell)

Liposuktion ist eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i. S. d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 f. EStDV i. d. F. des StVeinfG 2011. Aufwendungen für Liposuktionen sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, da die medizinische Notwendigkeit nicht durch ein zuvor erstelltes amtsärztliches Attest oder ein Zeugnis des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse nachgewiesen wurde.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1 i. V. m. 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Berücksichtigung von Aufwendungen für die Beseitigung von Lipödemen (Fettabsaugung an den Beinen) als Krankheitskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Im Rahmen der ESt-Erklärung für 2010 machten sie u. a. Aufwendungen für die Beseitigung von Lipödemen in Höhe von 5.500,00 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Krankenkasse teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. September 2012 mit, dass sie sich nicht an den Kosten der Liposuktion im Jahre 2010 beteiligen könne. "Die Therapie ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen". Das Finanzamt folgte diesem Antrag nicht und setzte die ESt für 2010 mit Bescheid vom 15. Oktober 2012 auf 10.500,00 fest. Mit fristgerechtem Einspruch wurde vorgetragen, dass die Erkrankung der Klägerin an einem Lipödem erblich bedingt sei. Die von der Krankenkasse empfohlene Therapie hätte nicht zur Beseitigung der Ursache geführt. Ihr Arzt habe ihr daher zu einer Operation geraten. Die Entfernung der Fettzellen sei die einzige Methode, die Erkrankung zu beseitigen. Eine schriftliche Empfehlung aus dieser Zeit gebe es nicht, da die Operation ohnehin privat bezahlt worden sei. Ein amtsärztliches Zeugnis oder ein Zeugnis des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse wurde weder vor den Operationen noch danach eingeholt. Fotos vor der ersten Operation liegen nicht (mehr) vor. Eine Szintigraphie nach der zweiten OP würde den bekannten Zustand (Lipödem) bestätigen. Die Klägerin reichte die Berichte der A vom 02. November 2010 und der B vom 18. November 2010, die Atteste des Arztes C vom 12. Oktober 2012 und vom 23. Oktober 2012 sowie das Attest der Ärztin D vom 12. November 2012 ein. Weiter wurde ein fachärztliches Gutachten von Herrn Dr. E vom 12. Januar 2011 vorgelegt. Danach sei die Erstvorstellung am 26. Oktober 2009 erfolgt und als Diagnose "schmerzhaftes Lipödem der Beine Stad. II (Mb. Derkum)" bestätigt worden.

Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 30. November 2012 wurde der Einspruch insoweit als unbegründet zurückgewiesen. Offen blieb die Verfassungsmäßigkeit des Abzugs einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung. Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sei sachdienlich im Sinne des § 367 Abs. 2a Satz 1 Abgabenordnung (AO).

Nach § 33 Abs. 1 EStG werde, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung), auf Antrag die ESt dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteige, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.

Nach § 64 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) habe der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall zu erbringen. In den Fällen des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a-f durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch). Der nach Satz 1 zu erbringende Nachweis müsse vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestellt worden sein.

Der BFH habe in seinem Urteil vom 11. November 2010 zwar seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach Aufwendungen nach § 33 EStG nur abzugsfähig seien, wenn die medizinische Indikation der ihnen zugrunde liegenden Behandlung durch ein amtsärztliches oder vertrauensärztliches Gutachten oder ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers nachgewiesen sei. In einem weiteren Urteil vom 19. April 2012 (VI R 74/10) habe er jedoch die Neuregelung des § 64 EStDV bestätigt und als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft. Nach § 64 EStDV sei der Nachweis für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel durch Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen, bei Kuren, psychotherapeutischen Behandlungen, medizinisch erforderlichen auswärtigen Unterbringung von Kindern, Betreuung des Steuerpflichtigen durch eine Begleitperson sowie wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden durch Vorlage eines vor Beginn der Maßnahme ausgest...

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