Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerzahlung als insolvenzrechtlich anfechtbare Handlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Haftung für Steuern (Lohnsteuer, Umsatzsteuer), wenn eine nach steuerrechtlichen Vorschriften gebotene Steuerzahlung gleichzeitig eine nach insolvenzrechtlichen Vorschriften der § 130 ff InsO anfechtbare Handlung darstellt.

 

Normenkette

AO §§ 69, 191; InsO §§ 92, 129; EStG § 38 Abs. 3 S. 1, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin.

Die Klägerin ist seit 22. April 1991 Geschäftsführerin der ... GmbH (GmbH). Zu weiteren Geschäftsführern sind der kaufmännische Angestellte A und der technische Angestellte B bestellt worden. Die Geschäftsführer sind jeweils alleinvertretungsberechtigt. Die Klägerin ist von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Das Stammkapital von 50.000 DM wird zu 91,4 % von der Klägerin gehalten. Die GmbH schuldete nach dem Stand vom 07. Mai 2003 folgende Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis:

Umsatzsteuer 2/2003

10.817,13 €

108,00 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 1/2003

71,50 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 3/2003

3.251,21 €

32,50 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 2/2003

3.216,02 €

64,00 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 1/2003

2,00 € Säumniszuschläge

ev. Kirchenlohnsteuer 3/2003

87,71 €

ev. Kirchenlohnsteuer 2/2003

83,64 €

röm. Kirchenlohnsteuer 3/2003

0,62 €

röm. Kirchenlohnsteuer 2/2003

0,62 €

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 3/2003

135,19 €

1,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 2/2003

123,52 €

2,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 1/2003

3,00 € Säumniszuschläge

Vollstreckungsgebühren 2003

290,62 €

Umsatzsteuer 11/2002

472,80 €

9,00 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 10/2002

21.048,89 €

420,00 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 9/2002

7.911,37 €

474,00 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 7/2002

5.688,51 €

429,50 € Säumniszuschläge

Verspät.-Zuschlag Umsatzsteuer 11/2002

790,00 €

Verspät.-Zuschlag Umsatzsteuer 10/2002

910,00 €

Verspät.-Zuschlag Umsatzsteuer 7/2002

500,00 €

Lohnsteuer 12/2002

7.335,50 €

292,00 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 11/2002

124,00 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 10/2002

7.575,07 €

453,00 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 9/2002

131,00 € Säumniszuschläge

Lohnsteuer 8/2002

69,50 € Säumniszuschläge

Kirchenlohnsteuer 12/2002

208,42 €

Kirchenlohnsteuer 10/2002

183,88 €

röm. Kirchenlohnsteuer 12/2002

3,18 €

röm. Kirchenlohnsteuer 10/2002

5,27 €

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 12/2002

351,55 €

14,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 11/2002

5,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 10/2002

345,80 €

18,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 9/2002

6,00 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschlag Lohnsteuer 8/2002

3,00 € Säumniszuschläge

Körperschaftsteuer 45/2002

20.560,00 €

205,50 € Säumniszuschläge

Solidaritätszuschl. Körperschaftsteuer45/2002

1.130,80 €

11,00 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 2000

60.558,43 €

605,50 € Säumniszuschläge

Zinsen zur Umsatzsteuer

3.330,00 €

Verspätungszuschlag Umsatzsteuer 2000

2.965,49 €

Umsatzsteuer 1999

47.167,19 €

471,50 € Säumniszuschläge

Zinsen zur Umsatzsteuer

5.421,73 €

Verspätungszuschlag Umsatzsteuer 1999

5.010,66 €

Gesamt:

221.586,32 €

Nach Aktenlage blieb die Vollstreckung in das Vermögen der GmbH ohne Erfolg. Am 02. April 2003 wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzantrag gestellt. Mit Beschluss vom 05. Mai 2003 erfolgte die Gutachterbestellung. Am 1. August 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach vorheriger Gewährung rechtlichen Gehörs nahm das Finanzamt (FA), die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 14. Mai 2003 für die oben genannten Steueransprüche gegenüber der GmbH in Höhe von 122.896,76 € in Haftung. Bezüglich der aufgeführten Lohnsteuerbeträge wurde die Klägerin in voller Höhe über insgesamt 24.207,20 € in Haftung genommen. Bezüglich der Umsatzsteuern und Körperschaftsteuern sowie der Vollstreckungsgebühren ging das FA zugunsten der Klägerin davon aus, dass der GmbH die zur Tilgung der Umsatz- und Körperschaftsteuern erforderlichen Mittel nicht in voller Höhe zur Verfügung gestanden hätten und dass die Klägerin deshalb im Wege der Schätzung für jeweils 50 v. H. der genannten Umsatz- und Körperschaftsteuerbeträge sowie der Vollstreckungsgebühren, d.h. für 98.689,56 €, hafte. Im Einzelnen führte das FA u. a. aus: Die Haftung ergebe sich aus § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 69 AO. Die Klägerin sei seit 22. April 1991 Geschäftsführerin der GmbH und habe als solche die steuerlichen Pflichten der GmbH entsprechend § 34 Abs. 1 AO zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihr verwalteten Mitteln entrichtet und die Steuererklärungspflichten im Sinne des § 149 ff AO erfüllt würden. Die im Haftungsbescheid aufgeführten Steueransprüche seien jedoch nicht erfüllt worden. Die eine Haftung begründenden Pflichtverletzungen stellten sich wie folgt dar: Bezüglich der Lohnsteuer sei die GmbH nach § ...

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