Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermietung von Praxisräumen an Ärzte-GbR. Baukostenzuschuss. „Durchreichung” der Baumaßnahmen keine Leistung des Mieters an den Vermieter. kein Vorsteuerabzug des Mieters aus den Bauleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Steht dem Mieter nach dem Mietvertrag ein Baukostenzuschuss des Vermieters für die bestimmungsgemäße Herrichtung der vermieteten Räumlichkeiten zu, stellt die „Durchreichung” der vom Mieter in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen an den Vermieter keine Leistung dar. Erteilt der Mieter dem Vermieter gleichwohl eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, schuldet er die ausgewiesene Umsatzsteuer.

2. Dem Mieter steht kein Vorsteuerabzug aus Rechnungen der beauftragten Bauunternehmer zu, wenn er die gemieteten Räumlichkeiten als ärztliche Praxis zur Erbringung steuerfreier Leistungen nutzt.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 14c Abs. 2, § 4 Nr. 14 Buchst. a, Nr. 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1; EGRL 112/2006 Art. 168

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.11.2019; Aktenzeichen V R 5/18)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin als augenärztliche Gemeinschaftspraxis 2012 Vorsteuern aus Rechnungen von beauftragten Baufirmen für die Herrichtung der angemieteten Praxisräume, für den sie durch die Vermieterin einen „Baukostenzuschuss” erhielt, geltend machen kann.

Die Gesellschafter Dr. A. L. und Dr. A. B. sind praktizierende Augenärzte und gründeten im Jahr 2012 die GbR (Klägerin) zum Zwecke der Erbringung augenärztlicher Leistungen. Die Klägerin wird von dem Beklagten zur Umsatzsteuer veranlagt, der antragsgemäß ab Juli 2012 die Ist-Versteuerung (§ 20 UStG) gestattete. Mit Vertrag vom 12. Juli / 16. Juli 2012 mietete die Klägerin von der GmbH (Vermieterin und Eigentümerin) in dem Einkaufscenter „C. „ in Dresden zum Betrieb einer augenärztlichen Gemeinschaftspraxis Räumlichkeiten mit einer Gesamtgröße von 668,85 m² zu einer monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von 5.297,29 Euro (7,92 Euro / m²) an. Der Mietvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

§ 2 Mietzweck

Die Vermietung des Mietgegenstandes erfolgt ausschließlich zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik inklusive eines auf der Fläche gemäß § 1.2 b) gelegenen Bereiches für ambulante Operationen. Konkurrenzschutz wird nicht gewährt.

§ 3 Mietzeit

3.1

Übergabetag ist der 13.07.2012 …

3.2

3.3

Mietbeginn entspricht gemäß 3.1 der Ergänzenden Vertragsbestimmungen (Teil B dieses Vertrages) dem Übergabetag.

3.4

Mietdauer: 15 Jahre

3.5

Option: 2 × 5 Jahre, danach automatische Verlängerung bei Nichtkündigung jeweils um 1 Jahr

§ 9 Baukostenzuschuss

Der Vermieter gewährt dem Mieter zum Ausbau / Umbau des Mietobjektes einen Baukostenzuschuss in Höhe von insgesamt EUR 500.000,00 zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer. Dieser Betrag wird an den Mieter in 5 gleichen Teilbeträgen abhängig vom Baufortschritt ausgezahlt. Der Mieter wird dem Vermieter vor Beginn der Arbeiten einen Bauzeitenplan vorlegen, in dem die erwarteten Auszahlungstermine für die vorgenannten Teilbeträge kenntlich gemacht sind.

Die Zahlung durch den Mieter erfolgt, nachdem dieser Gelegenheit hatte, sich davon zu überzeugen, dass der Bautenstand dem jeweils geforderten Betrag des Baukostenzuschusses entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist die Teilzahlung nicht zur Zahlung fällig. Entspricht der jeweils geforderte Teilzahlungsbetrag dem Bautenstand, so ist dieser Betrag innerhalb von 21 Tagen nach Rechnungslegung, gerechnet ab dem Eingang der Rechnung bei dem Vermieter, zur Zahlung fällig.

Die Parteien sind sich einig, dass der Mieter die bezuschussten Ausbaumaßnahmen im Falle seines Auszuges im Mietgegenstand belässt und nicht wieder rückgängig machen muss. Der Mieter kann insoweit keinerlei Entschädigung von dem Vermieter beanspruchen, da die bezuschussten Ausbaumaßnahmen mit Zahlung des Baukostenzuschusses bereits abgegolten sind.

Sollte das Mietverhältnis aus einem Grund, den der Mieter zu vertreten hat, vor Ablauf der regulären Mietzeit (15 Jahre) beendet werden, zahlt der Mieter dem Vermieter den Baukostenzuschuss anteilig zurück, wobei für jedes nicht abgelaufene Mietjahr 6,67% des Baukostenzuschusses zurückzuzahlen sind (d.h. bei Beendigung nach 5 Jahren Vertragslaufzeit 66,67%, bei Beendigung nach 8 Jahren Vertragslaufzeit 46,67%).

Die Klägerin ließ im Jahr 2012 im eigenen Namen durch von ihr beauftragte Baufirmen (im Folgenden: Praxenbauer) die gewünschten Umbaumaßnahmen an dem Mietobjekt durchführen, um dieses als Praxisräume zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik herzurichten. Diese Baumaßnahmen umfassten unter anderem Trockenbau- und Elektroarbeiten, nicht beinhaltet waren dagegen beispielsweise die Anschaffung von Untersuchungsgeräten und Behandlungsstühlen. Gleichzeitig rechnete die Klägerin gegenüber der GmbH gemäß der Vereinbarung des Mietvertrages zum Baukostenzuschuss im Zeitraum August bis Oktober 2012 durch fünf gleichlautende Rechnungen über...

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