Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Kindergeldsachen durch einen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer. Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein aus Polen nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer, dem eine auf das polnische Recht sowie auf das Recht der Europäischen Union und das Recht des Europäischen Wirtschaftsraums beschränkte Erlaubnis zur Rechtsberatung erteilt wurde, ist nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistungen bei Kindergeldansprüchen nach deutschem Recht berechtigt und daher als Bevollmächtigter gem. § 80 Abs. 5 AO zurückzuweisen.

 

Normenkette

AO § 80 Abs. 5; StBerG § 3; RDG § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.02.2018; Aktenzeichen II R 3/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter nach § 80 Abs. 5 AO.

Der Präsident des Oberlandesgerichts X erteilte dem Kläger am … 2007 nach dem RBerG und am … 2011 nach dem RDG die Erlaubnis, Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des polnischen Rechts sowie auf dem Gebiet des Rechts der Europäischen Union und des Rechts des Europäischen Wirtschaftsraums zu erbringen. Am … 2013 zeigte der Kläger bei der Beklagten die Vertretung der Interessen eines polnischen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmers an, beantragte für diesen die Bewilligung von Kindergeld und legte nachfolgend für diesen Einsprüche ein. Mit Bescheid vom … Januar 2015 wies die Beklagte den Kläger als Bevollmächtigten zurück. Den dagegen eingelegten Einspruch wies sie mit Einspruchsentscheidung vom … März 2015 zurück.

Der Kläger bringt vor, es sei fehlerhaft, dass er erst nach zwei Jahren zurückgewiesen werde. Die Interessen des Kindergeldberechtigten seien dabei unbeachtet geblieben. Ohne seinen kompetenten rechtlichen Beistand sei dieser schutzlos und schlechter gestellt als Inländer, die keine Sprachbarrieren überwinden müssten. Aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse sei er zur vorübergehenden Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Zweifelhaft sei, ob die Vorschriften des StBerG mit europäischen Vorschriften vereinbar seien. Wenn sie die Befähigung zu Rechtsdienstleistungen nach dem RDG ausschließen würden, widersprächen sie auch geltendem Recht. Seine Vertretung und Rechtshilfe habe sich zudem nur auf Fragen des polnischen und europäischen Rechts bezogen. Schwerpunkt des Verfahrens sei keine Steuersache, sondern eine EU-Familiensache mit Steuerrechtsbezug. Die Anknüpfung an das Steuerrecht sei rein zufällig. Zudem gehe es bei der Anwendung des EU-Rechts oft um eine EU-konforme Auslegung des nationalen Rechts. Andere Vertreter der in § 8 Abs. 5 AO genannten Berufe seien wegen des EU-Rechts hier nicht in der Lage gewesen, ausreichend Hilfe anzubieten. Er hingegen promoviere im EU-Sozialrecht.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die Zurückweisung als Bevollmächtigter vom … Januar 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … März 2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bringt vor, dass eine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen vorliege, da der Kläger keiner der in § 3 StBerG genannten Berufsgruppen zugehörig sei, er in einer Vielzahl von Fällen auftrete und nach dem RVG abzurechnen versuche. Seine Erlaubnis nach dem RBerG schließe das nationale Recht nicht ein.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu Gericht gereichte Behördenakte Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Zurückweisung des Klägers als Bevollmächtigter ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 155 Abs. 4 AO, § 31 Satz 3 EStG sind auf das Verfahren über die Bewilligung des Kindergeldes nach §§ 32, 62 ff. AO die Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden. Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu bevollmächtigt zu sein.

Steuersachen im Sinne des § 80 Abs. 5 AO sind alle Angelegenheiten, die unmittelbar oder mittelbar mit der Verwirklichung von Steuertatbeständen oder Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitentatbeständen zu tun haben. Ferner gehören dazu sonstige von Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltete Angelegenheiten, soweit für diese durch Bundes- oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist (§ 1 I Nr. 5 StBerG, Tipke/ Kruse, AO-Kommentar; § 80, Rz. 57), was bei Kindergeldansprüchen nach den genannten Vorschriften des Einkommensteuergesetzes der Fall ist.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind gemäß § 3 StBerG Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die in Nummer 1 genannten Personen sind, Steuerberatungsgesellschaft...

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