Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrages bzw. des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG im Jahr des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen GbR

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für den Fall der gesellschaftsrechtlich bedingten Anwachsung des Geschäftsanteils bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer GbR liegt eine Gesamtrechtsnachfolge mit der Folge vor, dass der verbleibende Gesellschafter als Gesamtrechtsnachfolger auch Steuerschuldner für die Steuerschulden der GbR wird (vgl. BFH, Urteil v. 15.4.2010, IV R 67/07).

2. Ist bei einer zweigliedrigen GbR nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters während des Wirtschaftsjahres der Gewerbebetrieb von dem verbleibenden Gesellschafter nunmehr als Einzelunternehmen fortgeführt worden und werden für das Wirtschaftsjahr zwei Gewerbesteuermessbeträge – für die GbR sowie für das Einzelunternehmen – festgesetzt, so müssen die aufgeteilten Gewerbesteuermessbeträge so ermittelt werden, dass der identischen Steuerschuldnerschaft in Bezug auf einen identischen Gewerbebetrieb Rechnung getragen wird. Hierzu muss dem Steuerschuldner im Erhebungszeitraum ein Abzug des vollen Freibetrages nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG ermöglicht werden, indem der Messbetrag auf der Grundlage des Gewerbeertrages für das gesamte Jahr zu ermitteln und erst anschließend im prozentualen Verhältnis der erzielten Gewerbeerträge auf GbR bzw. Einzelunternehmer zu verteilen ist (gegen FG Münster, Urteil v. 23.1.2007, 13 K 3543/04 G). Es ist also keine Messbetragsfestsetzung auf Grund des jeweils von GbR und Einzelunternehmen erzielten Gewerbeertrages unter Abzug eines zeitanteiligen Freibetrages nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG vorzunehmen.

 

Normenkette

GewStG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 5; GewStH 2009 R 11 Sätze 5-6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen IV R 8/16)

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2014 wird der angefochtene Bescheid vom 6. Oktober 2011 dahingehend geändert, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2009 auf 116 EUR herabgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für die ehemalige GbR S. & E. (GbR).

Die GbR existierte bis zum 31. Mai 2009 bis zum Ausscheiden des weiteren Gesellschafters E. Seit dem 1. Juni 2009 führt die Klägerin den Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen fort.

Der Beklagte (das Finanzamt) hat den Gewerbesteuermessbetrag für die GbR gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin auf 528 EUR festgesetzt. Dabei wurde vom Gewerbeertrag der GbR i.H.v. 25.300 EUR nur ein zeitanteiliger Freibetrag i.H.v. 10.208 EUR (= 5/12 von 24.500 EUR) abgezogen. Im Einzelunternehmen ergab sich für die Zeit ab Juni 2009 lediglich ein Gewerbeertrag von 2.900 EUR, so dass darauf nur ein Freibetrag in Höhe von 2.900 EUR entfiel.

Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2014).

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, dass bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2009 der gesamte Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) zu berücksichtigen sei. Da der Gewerbebetrieb das gesamte Jahr über bestanden habe und der Freibetrag gemäß GewStR 2009 / R 11.1 S. 1 betriebsbezogen zu gewähren, müsse auch der gesamte Freibetrag gewährt werden. Durch die vorliegende Festsetzung für die GbR und das Einzelunternehmen werde lediglich ein Freibetrag in Höhe von 13.108 EUR gewährt. Die Klägerin gehe davon aus, dass ein einheitlicher Steuermessbetrag für den gesamten Erhebungszeitraum zu ermitteln sei. Der Gewerbeertrag der GbR und des Einzelunternehmens habe insgesamt 28.200 EUR betragen. Werde hiervon der Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR in Abzug gebracht, verbleibe ein Gewerbeertrag in Höhe von 3.700 EUR. Der sich daraus ergebende Gewerbesteuermessbetrag beliefe sich auf 129 EUR, der zeitanteilig zu verteilen sei. Soll der Freibetrag zeitanteilig aufgeteilt werden, müsse der von dem Einzelunternehmen ungenutzte zeitanteilige Freibetragsanteil der GbR zugute kommen. Da auf das Einzelunternehmen ein Freibetragsanteil in Höhe von 2.900 EUR entfalle, müsse bei der GbR ein Freibetrag in Höhe von 21.600 EUR berücksichtigt werden. Ziehe man diesen Freibetrag von dem Gewerbeertrag ab (25.300 EUR – 21.600 EUR = 3.700 EUR), ergebe dies den Messbetrag in Höhe von 129 EUR. Aus dieser Berechnung werde deutlich, dass die Klägerin – anders als der Beklagte in der Einspruchsentscheidung ausgeführt habe – eine Aufteilung des Freibetrages entsprechend der erzielten Gewerbeerträge nicht beantragt habe.

Die Kläg...

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