Leitsatz

1. Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlöhne oder Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.

2. Sachbezüge i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 9 EStG liegen auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbindet, den empfangenen Geldbetrag nur in einer bestimmten Weise zu verwenden (Änderung der Rechtsprechung gegenüber Senatsurteil vom 27.10.2004, VI R 51/03, BFH/NV 2005, 292, BFH/PR 2005, 97).

3. Räumt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht ein, bei einer bestimmten Tankstelle auf seine Kosten tanken zu dürfen, liegt ein Sachbezug i.S.d. § 8 Abs. 2 S. 1 und 9 EStG vor.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 S. 1, 9, § 19 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

K gestattete ihren Arbeitnehmern, bei einer Vertragstankstelle auf Ks Kosten gegen Vorlage einer elektronischen Karte zu tanken. Auf der Karte waren die Literzahl eines bestimmten Kraftstoffs und der Höchstbetrag von 44 EUR gespeichert. Eine lohnsteuerliche Erfassung erfolgte insoweit nicht. Das FA nahm Barlohn statt steuerfreien Sachbezug (§ 8 Abs. 2 S. 9 EStG) an, weil neben der Ware auch ein Höchstbetrag genannt war, ebenso das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2008, 13 K 2626/07, Haufe-Index 2175854, EFG 2009, 1373).

 

Entscheidung

Der BFH entschied aus den unter Praxis-Hinweise erläuterten Erwägungen, dass Sachlohn vorliegt. Er hob daher die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.

 

Hinweis

Der BFH hat mit dem Besprechungsfall und weiteren vier Urteilen (BFH, Urteile vom 11.11.2010, VI R 41/10, BFH/NV 2011, 486, BFH/PR 2011, 126; VI R 21/09, BFH/NV 2011, 482, BFH/PR 2011, 125; VI R 40/10; VI R 26/08) Grundsätze zur Unterscheidung zwischen Barlohn und dem nach § 8 Abs. 2 S. 9 EStG monatlich bis 44 EUR steuerfreien Sachlohn aufgestellt. Anlass waren Tankkarten, Tank- und Geschenkgutscheine, die jeweils Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern überlassen hatten.

1. Grundlage ist das Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 2 S. 1 EStG:"Einnahmen, die nicht in Geld bestehen." Schon bisher galt, dass Sachlohn nicht allein deshalb vorliegt, weil der Arbeitnehmer tatsächlich eine Sache erlangt. Denn auch bei einer Abkürzung des Zahlungswegs liegt Barlohn vor (BFH, Urteil vom 06.03.2008, VI R 6/05, BFH/NV 2008, 1043, BFH/PR 2008, 301). Dann kann aber bei Abkürzung des Sachleistungswegs auch Sachlohn vorliegen: wenn nicht der Arbeitgeber, sondern ein Dritter die Ware aushändigt und der Arbeitgeber das Entgelt dafür dem Dritten erbringt. Das zeigt: Die Unterscheidung danach, auf welchem Leistungsweg eine Sache tatsächlich zugewendet wird, trägt nicht.

2. Ob Sach- oder Geldzufluss vorliegt, zeigt dessen Rechtsgrund. Er gibt Aufschluss darüber, was eigentlich Zuwendungsgegenstand sein soll. Deshalb differenziert der BFH nach der arbeitsvertraglichen Anspruchsgrundlage, also danach, welche Leistung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Besteht nur ein Anspruch auf eine Sache selbst, liegt daher Sachlohn vor. Dagegen liegt Barlohn vor, wenn der Arbeitnehmer anstelle der Sache auch die Auszahlung in Geld in entsprechender Höhe beanspruchen kann. Das ist dann Barlohnverwendung; zu der hatte der BFH schon entschieden (BFH, Urteil vom 06.03.2008, VI R 6/05, BFH/NV 2008, 1043, BFH/PR 2008, 301).

3. § 8 Abs. 2 S. 1 EStG fasst den Sachbezug weit: alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. So ist Sachbezug nicht ausgeschlossen, wenn Arbeitgeber keine konkreten Sachen zusagen, sondern die Arbeitnehmer lediglich berechtigen (z.B. im Gutschein "verbrieft"), von einem Dritten eine beliebig wählbare Sach- oder Dienstleistung zu beziehen. Und mögen Gutscheine auch im täglichen Leben bargeldähnlich verwendbar sein: Sie sind kein Geld. Als Geld zählen nur die gesetzlichen Zahlungsmittel und die gängigen ausländischen Währungen (BFH, Urteil vom 27.10.2004, VI R 29/02, BFH/NV 2005, 290, BFH/PR 2005, 96). Und schließlich lieferte auch die Gesetzesbegründung (BTDrucks. 13/1686, S. 8), die § 8 Abs. 2 S. 9 EStG als weiteren "Beitrag zur Steuervereinfachung" bezeichnet, keine geeigneten Differenzierungsmerkmale zur Abgrenzung oder gar Einengung von "Sachlohn".

4. So hielt dann der BFH (vgl. 2. Leitsatz) auch nicht mehr an seiner alten Rechtsprechung zur mit einer Auflage verbundenen Zahlung fest. Besteht allein ein Anspruch auf die Bezuschussung oder Übernahme der Kosten für einen Sach- oder Dienstleistungsbezug, liegt Sachbezug vor. Auch die Auffassung der Verwaltung (R 31 Abs. 1 S. 7 LStR 2004 ff.), dass der beim Dritten einzulösende Gutschein kein Sachbezug ist, wenn zur Ware/Dienstleistung auch ein Anrechnungsbetrag oder Höchstbetrag angegeben ist, ist überholt, zumal § 8 Abs. 2 S. 9 EStG selbst eine Wertobergrenze in Geld normiert.

5. Weil hier die Arbeitnehmer nur Treibstoff beanspruchen konnten, lag Sa...

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