Zusammenfassung

 
Überblick

Weder § 249 HGB noch § 5 EStG enthalten eine Definition der Rückstellungen. Dieser Beitrag gibt in alphabetischer Reihenfolge einen Überblick über mögliche Rückstellungssachverhalte.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Den Ansatz von Rückstellungen regelt § 249 HGB (für die Steuerbilanz i. V. m. dem Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Steuerrechtlich sind Passivierungsvorbehalte zu beachten (z. B. § 5 Abs. 2a, 44b EStG).

Abbruchkosten/Abbruchverpflichtung

Für vertragliche Verpflichtungen zum Abbruch von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden besteht Rückstellungspflicht.[1] Die Rückstellungsbildung erfolgt als sog. unechte Ansammlungsrückstellung bzw. Verteilungsrückstellung.[2] Für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen ist analog zu verfahren, soweit mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zu rechnen ist.[3] Vgl. "Entfernungsverpflichtungen".

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmen hat eine vertragliche Abbruchverpflichtung ab dem 1.1.01. Das Unternehmen schätzt die nach 10 Jahren anfallenden Abbruchkosten unter Einbeziehung erwarteter Kostensteigerungen mit 50.000 EUR. Der nach § 253 Abs. 2 HGB anzuwendende Zinssatz beläuft sich annahmegemäß auf 6,0 %.[4] Der Rückstellungsbetrag ist linear auf die Laufzeit zu verteilen und abzuzinsen. Hieraus ergibt sich folgender Rückstellungsverlauf:

 
Jahr Sonstiger betrieblicher Aufwand Zinsen und ähnliche Aufwendungen Gesamtaufwand Rückstellung
01 2.959 0 2.959 2.959
02 3.137 178 3.315 6.274
03 3.325 376 3.701 9.975
04 3.525 599 4.124 14.099
05 3.736 846 4.582 18.681
06 3.961 1.121 5.082 23.763
07 4.198 1.426 5.624 29.387
08 4.450 1.763 6.213 35.600
09 4.717 2.136 6.853 42.453
10 5.000 2.547 7.547 50.000
  39.008 10.992 50.000  
[2] Vgl. Küting/Kessler, DStR 1998, S. 1941.
[4] In der praktischen Handhabung wird der Zinssatz nicht gleichbleibend sein, sondern es ist jährlich der gem. RückAbzinsV zur Restlaufzeit passende Zinssatz zu verwenden.

Abfallbeseitigung und Abfallrecycling

Hierunter zählen alle laufenden Verpflichtungen zur Beseitigung von Abfällen, Verwertung von Reststoffen, Entsorgung radioaktiver Abfälle, Rücknahme von Verpackungen u. Ä. auf gesetzlicher oder behördlicher Grundlage. Sobald eine Außenverpflichtung besteht, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, ist Rückstellungspflicht gegeben. Die konkrete öffentlich-rechtliche Verpflichtung ergibt sich aus Verordnungen[1], die Einzelheiten zu den Verpflichtungen, den Erzeugnissen und der Ausführung der erforderlichen Maßnahmen bestimmen. Vgl. "Entfernungsverpflichtungen", "Produktverantwortung".

[1] Z. B. BattV, VerpackV, AltölV, Lösemittel (HKWAbfV), AltautoV.

Abfindung

Für zukünftige Abfindungszahlungen an langjährige Mitarbeiter ist mangels hinreichender Konkretisierung keine Rückstellung zulässig.[1] Für am Abschlussstichtag noch nicht ausgesprochene, aber konkret absehbare Abfindungszahlungen für Mitarbeiter bzw. vertraglich bereits konkretisierte Verpflichtungen sind demgegenüber Rückstellungen zu passivieren.[2]

[2] Zur Rückstellungsbildung bei Personalmaßnahmen vgl. Wenk/Jagosch, DStR 2009, S. 1715.

Abrechnungsverpflichtungen

Soweit am Abschlussstichtag Bauleistungen bereits abgenommen (§ 640 BGB), aber noch nicht abgerechnet sind (§ 14 VOB/B), so ist für die Abrechnungskosten eine Rückstellung zu bilden. Hierbei handelt es sich um eine Nebenleistungsverpflichtung zum Bauvertrag, die über die übliche Rechnungsstellung hinaus besondere Berechnungs- und Abrechnungsmodalitäten umfasst.[1] Gleiches gilt für Abrechnungen nach den allgemeinen Bedingungen für Gas- und Elektrizitätsversorgungsunternehmen.[2]

Abschlussgebühren für Bausparverträge

Bausparkassen haben eine Verbindlichkeitsrückstellung zu passivieren für die ungewisse Verpflichtung, an Bausparer, die nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen verzichten, bei Vertragsabschluss erhobene unverzinsliche Einlagen zurückzuzahlen.[1] Der Rückstellungsbetrag ist anhand von Erfahrungswerten der Vergangenheit zu schätzen.[2]

Aktienorientierte Vergütung

Bei Aktienoptionen ist zu unterscheiden, ob das Unternehmen im Zeitpunkt der Optionsgewährung die (eigenen) Aktien noch nicht besitzt oder ob die Aktien vor oder im Zuge der Optionsgewährung bereits erworben wurden. Im ersteren Fall ist nach hM eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden, da der Mitarbeiter bis zum Zeitpunkt der Optionsausübung in Vorleistung (durch Erbringung der Arbeitsleistung) geht und somit für das Unternehmen ein Erfüllungsrückstand besteht.[1] Auch für den zweiten Fall ist eine Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden, wobei zu berücksichtigen ist, dass bzgl. der eigenen Anteile eine Bewertungseinheit vorliegt. ...

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