Die handelsrechtliche Bewertung gilt im Grundsatz auch für die Steuerbilanz, jedoch nur soweit, wie das Steuerrecht keine selbstständigen Bewertungsvorschriften enthält. In Bezug auf die Bewertung von Rückstellungen finden sich in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG gesonderte Regelungen. Danach sind Rückstellungen höchstens unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen:

  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe a) EStG ist bei Rückstellungen für gleichartige Verpflichtungen auf Grundlage der Erfahrungen in der Vergangenheit aus der Abwicklung solcher Verpflichtungen die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, dass der Bilanzierende nur für einen Teil der Summe dieser Verpflichtungen in Anspruch genommen wird. Als gleichartige Rückstellungen sind solche anzusehen, die auf artverwandten bzw. ähnlichen Tatbeständen beruhen. Anwendungsfälle sind Rückstellungen für Garantie- und Gewährleistungen oder Bürgschaftsverpflichtungen.

    Bei Garantie- und Gewährleistungsrückstellungen ist wie folgt zwischen Pauschalrückstellungen und Einzelrückstellungen zu unterscheiden:

    • Einzelrückstellungen für Garantie- und Gewährleistungsansprüche müssen abgezinst werden, wenn die voraussichtliche Laufzeit mindestens 12 Monate beträgt.
    • Bei Pauschalrückstellungen für Garantie- und Gewährleistungsansprüche findet gemäß Rz. 7 des BMF-Schreibens vom 26.5.2005[1] aus Vereinfachungsgründen keine Abzinsung statt.
  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe b) EStG sind Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten. Der Wertansatz entspricht der handelsrechtlichen und steuerlichen Wertuntergrenze der Herstellungskosten. D. h. in die Bewertung sind die Materialkosten, Fertigungskosten und der Werteverzehr (strittig) einzubeziehen.[2] In die Material- und Fertigungskosten sind auch angemessene (d. h. angemessen geschlüsselte) Teile der Gemeinkosten einzubeziehen. Nicht einzubeziehen sind demnach z. B. Verwaltungs- und Vertriebskosten.
  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe c) EStG sind künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden und soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind, bei ihrer Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen. Dabei müssen nach R 6.11. Abs. 1 EStR mehr Gründe für als gegen den Eintritt der Vorteile sprechen. Der Abschluss schuldrechtlicher Verträge ist nicht erforderlich.[3] Ein Beispiel für zu berücksichtigende Vorteile sind sog. Kippentgelte im Zusammenhang mit einer Rekultivierungsverpflichtung.
  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe d) EStG sind Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Geschäftsbetrieb ursächlich ist, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Dabei ist die Summe der in früheren Jahren angesammelten Verpflichtungsbeträge auf das jeweilige Preisniveau des aktuellen Bilanzstichtags anzuheben.[4] Anwendungsfälle sind insb. Abbruchverpflichtungen und Erneuerungsverpflichtungen, bei denen der Verpflichtungsumfang über die Laufzeit nicht ansteigt. Die Bildung der Rückstellung erfolgt in gleichen Raten. Darüber enthält Buchstabe d) Regelungen zu Rücknahmeverpflichtungen und Verpflichtungen zur Stilllegung von Kernkraftwerken.
  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e) EStG sind Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Dies gilt für Geldleistungs- und Sachleistungsverpflichtungen gleichermaßen. Ausgenommen von der Abzinsungsverpflichtung sind Verpflichtungen, deren Laufzeit 12 Monate nicht übersteigt, die auf einer Anzahlung/Vorausleistung beruhen oder die verzinslich sind.

    Abzinsungszeitraum ist bei Geldleistungsverpflichtungen der Zeitraum bis zur Fälligkeit. Ist die Zahlung in mehreren Teilbeträgen zu entrichten, muss die Rückstellung entsprechend aufgeteilt werden. Es ist dann erforderlich, die Rückstellung in Teilleistungen aufzuteilen, die einzeln zu beurteilen und einzeln abzuzinsen sind.

    Im Fall von Sachleistungsverpflichtungen ist der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend, der sich nach der individuellen Terminplanung des verpflichteten Unternehmens ergibt. Der Abzinsungszeitraum ist somit beendet, sobald der Unternehmer mit der Maßnahme (Sachleistungsverpflichtung) zu beginnen plant.

    Bei Rückstellungen kann u. a. auch der Zeitpunkt der Inanspruchnahme ungewiss sein. Nach dem BMF-Schreiben vom 26.5.2005[5] muss dieser Zeitpunkt geschätzt werden.

    Die Abzinsung kann nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet werden oder mithilfe der Abzinsungsfaktoren der Tabelle 2 des BMF-Schreibens v. 26.5.2005 (IV B 2 – S 2175 – 7/05) vorgenommen werden.

  • Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe f) EStG sind bei der Bewertung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend, d. h. künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden.

Die dargelegten Grundsätze lassen erkennen, dass in vielen Fällen der handelsrechtliche Wertansatz und der steuerliche Wertansatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG nicht übereinstimmen. Daher is...

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