Drohverlustrückstellungen sind nach IAS 37.66 zu bilden für belastende Verträge (onerous contracts). Dies sind Verträge, bei denen die unvermeidlichen Kosten zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten höher als der (noch) erwartete wirtschaftliche Nutzen sind (IAS 37.68).

Je nach handelsrechtlicher Auffassung kann auch für die Handelsbilanz die Drohverlustrückstellung als Unterform der Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gelten. Sie unterliegt aus dieser Sicht nur eigenen Bewertungsregeln (Saldierung von Aufwand und Ertrag), hingegen nicht eigenen Ansatzregeln.

Weder im Ansatz noch in der Bewertung ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen IFRS und HGB. Insbesondere ist bei der Frage, ob per Saldo ein Verlust droht, in beiden Systemen

  • auf der Kostenseite des Saldos eine Vollkostenbetrachtung angezeigt (für die IFRS klargestellt durch die Amendments zu IAS 37 vom Mai 2020),
  • bei der Nutzenseite auch indirekter Nutzen einzubeziehen.
 

Beispiel

U versucht, sich in einem umkämpften Marktumfeld mit besonders niedrigen Preisen zu behaupten. U akquiriert den Auftrag zum Bau einer Maschine. Bereits vor Beginn der Fertigung steht fest, dass der zu knapp kalkulierte Auftrag seine Vollkosten nicht decken wird. Bei Ausklammerung von Gemeinkosten wird er aber einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften.

Ein belastender Vertrag bzw. Drohverlust liegt vor, weil in die Bestimmung des Saldos aus erwartetem Nutzen (Auftragspreis) und erwarteten Kosten auch die produktionsbezogenen Gemeinkosten einfließen.

 

Beispiel

Apotheker A mietet ein Gebäude an, um im Erdgeschoss seine Apotheke zu betreiben und die anderen Geschosse an Ärzte zu vermieten. Die Vermietung an die Ärzte erfolgt unter dem Einstandspreis, den A selbst für diese Geschosse an den Gebäudeeigentümer zahlen muss.

In diesem (der BFH-Rechtsprechung nachgebildeten) Fall liegt kein belastender Vertrag vor. Den Kosten (Einstandsmiete) sind nämlich nicht nur die aus der Vermietung an die Ärzte erzielten Mieteinnahmen gegenüberzustellen, sondern ebenso der Vorteil, den A daraus erzielt, dass die Patienten der Ärzte ihre Rezepte bei ihm einlösen.

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