[Vorspann]

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank[1],

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[2],

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren[3],

in Erwägung nachstehender Gründe:

 

(1) Die Finanzkrise hat gezeigt, dass es auf der Ebene der Union eindeutig an angemessenen Instrumenten für den wirksamen Umgang mit unsoliden oder ausfallenden Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (im Folgenden "Institute") mangelt. Derartige Instrumentarien werden vor allem zur Verhinderung einer Insolvenz benötigt oder, falls eine solche eintritt, zur Minimierung der negativen Auswirkungen, indem die systemisch wichtigen Funktionen des jeweiligen Instituts aufrechterhalten werden. Während der Krise trugen diese Herausforderungen wesentlich dazu bei, dass die Mitgliedstaaten Institute unter Rückgriff auf das Geld der Steuerzahler retten mussten. Ziel eines glaubwürdigen Sanierungs- und Abwicklungsrahmens ist es, solchen Maßnahmen so weit wie möglich vorzubeugen.

 

(2) Die Finanzkrise hatte insofern systemische Ausmaße, als sie Auswirkungen auf den Zugang eines großen Teils der Kreditinstitute zu Finanzmitteln hatte. Um ein Scheitern mit Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft abzuwenden, muss einer derartigen Krise mit Maßnahmen begegnet werden, die darauf ausgerichtet sind, den Zugang zu Liquidität sicherzustellen, wobei für alle Kreditinstitute, die im Übrigen solvent sind, gleichwertige Bedingungen gelten müssen. Solche Maßnahmen schließen eine allgemeine Liquiditätsunterstützung durch die Zentralbanken und Garantien der Mitgliedstaaten für von solventen Kreditinstituten begebene Wertpapiere ein.

 

(3) Die europäischen Finanzmärkte sind stark integriert und miteinander verflochten, und zahlreiche Kreditinstitute arbeiten in hohem Maß über die nationalen Grenzen hinweg. Der Ausfall eines grenzüberschreitend tätigen Kreditinstituts dürfte die Stabilität der Finanzmärkte in den einzelnen Mitgliedstaaten, in denen es tätig ist, beeinflussen. Die fehlende Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Kontrolle über ein ausfallendes Kreditinstitut zu übernehmen und es auf eine Art und Weise abzuwickeln, mit der ein weiter gehender Systemschaden wirksam verhindert wird, kann das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten und die Glaubwürdigkeit des Binnenmarkts auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen schwächen. Die Stabilität der Finanzmärkte ist folglich eine wesentliche Voraussetzung für die Schaffung und das gute Funktionieren des Binnenmarkts.

 

(4) Derzeit sind die Verfahren für die Abwicklung von Instituten auf Unionsebene nicht harmonisiert. Einige Mitgliedstaaten wenden auf Institute die gleichen Verfahren wie auf andere insolvente Unternehmen an, die in bestimmten Fällen für Institute angepasst wurden. Zwischen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Insolvenz von Instituten in den Mitgliedstaaten regeln, bestehen erhebliche inhaltliche und verfahrensmäßige Unterschiede. Darüber hinaus hat die Finanzkrise aufgezeigt, dass sich die allgemeinen Insolvenzverfahren für Unternehmen nicht immer für Institute eignen, da sie u. U. nicht immer eine ausreichend rasche Intervention, den Fortbestand der kritischen Funktionen von Instituten und die Wahrung der Finanzstabilität sicherstellen.

 

(5) Folglich bedarf es eines Regelwerks, mit dem den Behörden ein zuverlässiges Instrumentarium an die Hand gegeben wird, das ihnen eine rechtzeitige und rasche Intervention bei einem unsoliden oder ausfallenden Institut ermöglicht, sodass der Fortbestand der kritischen Finanz- und Wirtschaftsfunktionen des Instituts sichergestellt wird und gleichzeitig die Auswirkungen des Ausfalls eines Instituts auf die Wirtschaft und das Finanzsystem so gering wie möglich gehalten werden. Durch das Regelwerk sollte sichergestellt werden, dass die Verluste zunächst von den Anteilseignern und erst danach von den Gläubigern getragen werden, unter der Voraussetzung, dass kein Gläubiger größere Verluste trägt als er im Fall einer Liquidation des Instituts im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens im Einklang mit dem in dieser Richtlinie festgelegten Grundsatz "keine Schlechterstellung von Gläubigern" zu tragen gehabt hätte. Neue Befugnisse sollten es den Behörden beispielsweise ermöglichen, ununterbrochenen Zugang zu Einlagen und Zahlungsverkehr zu wahren, gegebenenfalls existenzfähige Teile des Instituts zu veräußern und Verluste auf faire und vorhersehbare Art und Weise zu verteilen. Diese Ziele sollten eine Destabilisierung der Finanzmärkte verhindern helfen und die Kosten für die Steuerzahler so gering wie möglich halten.

 

(6) Die laufende Überprüfung des Regulierungsrahmens, insbesondere die Stärkung der Kapital- und Liquiditätspuffer und bessere makroprudenzie...

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