Reputations-Risikomanagement zielt zunächst auf die möglichst frühe und vollständige Identifikation von Ereignissen ab, die eine negative Wirkung auf die Reputation von Unternehmen haben könnten. Dies geschieht bspw. durch die Technik des sog. Issue-Managements.[1] Grundlegendes Ziel eines solchen (Risiko-)Frühwarnsystems ist es, einerseits unangenehme Überraschungen bzw. Konflikte, die sonst mit diesen Ereignissen verbunden wären, zu vermeiden, andererseits aber auch Chancen, die Issues mit sich bringen können, zu nutzen.

Risikofrüherkennung von Reputationsrisiken

Zentral ist dabei die Sicherstellung einer frühestmöglichen Identifikation von reputationswirksamen Themen (im idealen Fall in Form von so genannten "Schwachen Signalen"[2]), da nur frühzeitig informierte Unternehmen in entstehenden Krisen überhaupt noch agieren und die Berichterstattung aktiv beeinflussen können. Wer hingegen erst aus der Zeitung erfährt, was schon seit Tagen in relevanten Blogs und Internetforen diskutiert wird, wird nur noch von den Schlagzeilen der Presse getrieben, da sich entwickelnde Krisen die Handlungsfähigkeit betroffener Unternehmen schockartig unterminieren (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Reputationsrisikomanagement – ein proaktives Instrument, um Reputationsrisiken zu antizipieren[3]

Reputationsrisiken mit Data Mining aufdecken

Das Erkennen von Reputationsrisiken kann dabei einerseits Softwarelösungen im Bereich Datenanalyse verwenden, die entlang eines definierten Begriffskatalogs mit Hilfe statistisch-mathematischer Methoden (Data Mining) Themen im Internet identifizieren (vgl. hierzu die methodischen Entwicklungen im Bereich Risk Analytics sowie Big Data[4]), die auf potenzielle Reputationsrisiken hinweisen. Bei Social-Media-Analytics scannt ein semantisches System den Inhalt in Internetforen, Blogs etc. und bewertet diese hinsichtlich potenzieller Trends, die sich auf die Reputation positiv oder negativ auswirken können.

"Kollektive Wachsamkeit" bei allen Mitarbeitern

Andererseits muss es Aufgabe eines jeden Mitarbeiters werden (i. S. e. "kollektiven Wachsamkeit"), brisante Entwicklungen frühestmöglich zu erkennen und an die verantwortlichen Organisationseinheiten (bspw. Risikomanagement oder Unternehmenskommunikation) zu melden. Insbesondere in der Latenzphase einer Krise, in der das Problem oder Thema von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird, können Issues so – ohne einen besonders hohen personellen oder finanziellen Aufwand – entschärft und gelenkt werden. Außerdem bietet die frühe Beschäftigung mit aufkommenden Negativthemen für ein Unternehmen nicht selten die Chance eines Reputationsgewinns bei Stakeholdern, die Problemprävention zumeist honorieren (s. exemplarisch die Unternehmenskommunikation in der Folge des Elchtests bei der Mercedes A-Klasse).

Dies wird auch von der Forschungsarbeit "Der gute Ruf als nachhaltiger Erfolgsfaktor – Management und Controlling von Reputationsrisiken" bestätigt. Die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Wahrnehmung von Reputationsrisiken und eine regelmäßige Stakeholder-Beobachtung werden von den Teilnehmenden als wichtigste Aspekte angesehen, um Reputationsrisiken präventiv und proaktiv im Risikomanagementprozess mit zu berücksichtigen. 89,8 % der befragten 451 Experten bewerteten die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Wahrnehmung von Reputationsrisiken als sehr wichtig (56,1 %) bzw. wichtig (33,7 %).

5 wesentliche Treiber der Reputation

Im Rahmen der Forschungsarbeit[5] wurde außerdem eine Reputations-Treiberanalyse durchgeführt und quantitativ bewertet. Ziel war hierbei, ein adäquates und empirisch valides Bewertungsmodell für Reputationsrisiken zur Erweiterung des Risikomanagementprozesses zu konzipieren, um den Reputationsaspekt miteinzubeziehen. Übergeordnetes Ziel war eine empirisch fundierte Feststellung von Einflussstärken der relevanten Reputationstreiber (s. Abb. 3), um eine Beurteilung von Reputationsrisiken zu ermöglichen. Hierbei wurden die folgenden wesentlichen Einflussfaktoren auf die Unternehmensreputation analysiert:[6]

  • Qualität der Produkte/Dienstleistungen,
  • Finanzielle Performance,
  • Attraktivität als Arbeitgeber,
  • Corporate Social Responsibility,
  • Innovationskraft.

Basierend auf einer statistischen Analyse wurde der Zusammenhang zwischen der abhängigen Variable "Unternehmensreputation" und seinen 5 Einflussfaktoren (unabhängige Variablen) untersucht. Hierfür kam eine Regressionsanalyse zum Einsatz, welche schließlich die wesentlichsten Einflussfaktoren auf das fragile Konstrukt Reputation bestimmt hat. Basierend auf einer linearen Strukturgleichungsmodellierung sowie dem Analyseverfahren "Partial least squares regression" wurde in drei Stufen ein Reputationstreibermodell entwickelt (vgl. Abb. 6). Die "Partial least squares (PLS)"-Pfadanalyse (Methode der kleinsten Quadrate) ist ein statistisches regressionsbasiertes Verfahren zur Schätzung von Kausalmodellen, die rekursiv sind.[7] Hierbei werden die Kurvenparameter so bestimmt, dass die Summe der quadratischen Ab...

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