Die Margenregelung des § 25 UStG können Reiseveranstalter nur anwenden, soweit sie

  • Reiseleistungen erbringen,
  • dabei gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten,
  • Reisevorleistungen von Dritten (Fluggesellschaften, Hotels, Restaurants usw.) in Anspruch nehmen, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen und
  • (bis 17.12.2019) die Reisevorleistungen nicht unternehmerisch verbraucht werden (der Reisende muss also ein privater Endverbraucher sein); ab dem 18.12.2019 gilt die Margenregelung auch für sog. Kettengeschäfte, d. h. den Verkauf von Reiseleistungen an andere Unternehmer für deren Unternehmen.[1]
 
Wichtig

Alle Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Diese Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt sein. Sind sie nicht bei allen von dem Reiseveranstalter erbrachten Reiseleistungen gegeben, gilt die Margenregelung nur für diejenigen Reiseleistungen, bei denen die Voraussetzungen vorliegen.

Die bis zum 17.12.2019 in Deutschland geltende Ansicht, dass die Margenregelung nicht auf Reiseleistungen an andere Unternehmer für deren Unternehmen (also im B2B-Bereich) anwendbar ist, hat der EuGH[2] nicht bestätigt. Er hat entschieden, dass die MwStSystRL einheitlich i. S. d. sog. Kundenmaxime und nicht nach der sog. Reisendenmaxime auszulegen ist. Damit unterliegen auch zwischenunternehmerische Verkäufe von Reisen der Margenregelung. Dies bedeutet, dass nach dem Unionsrecht sowohl Reiseleistungen zwischen Reiseveranstaltern als auch Reiseleistungen von Reiseveranstaltern an Reisebüros, die die Reisen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiter verkaufen (und nicht nur als Vermittler auftreten), und darüber hinaus Reiseleistungen eines Reiseveranstalters an ein anderes Unternehmern (das z. B. seinen Mitarbeitern eine Incentive-Reise zur Verfügung stellt) unter die Margenregelung fällt. Darüber hinaus hat der EuGH[3] entschieden, dass Deutschland sowohl durch den Ausschluss von B2B-Umsätzen aus der Differenzbesteuerung für Reiseleistungen als auch durch die Zulässigkeit einer Gruppen- oder Gesamtmargenregelung gegen seine Verpflichtungen aus der MwStSystRL verstoßen hat. Aufrund dieser EuGH-Rechtsprechung war eindeutig, dass Deutschland die Sonderregelung für Reiseleistungen auch auf sog. Kettengeschäfte anwenden und § 25 UStG entsprechend ändern musste. Auch die Gruppen- oder Gesamtmargenbildung war nicht zulässig, sodass auch § 25 Abs. 3 UStG geändert und diese Vereinfachungen, die vorher den Reiseleistern (nicht der Finanzverwaltung) zugutekamen, abgeschafft werden mussten. Die entsprechende Gesetzesänderung ist in Deutschland mit Wirkung vom 18.12.2019 erfolgt.[4]

Ebenso hat der EuGH[5] das österreichische Recht zur Besteuerung von Reiseleistungen als unionsrechtswidrig beurteilt. Der EuGH hat entschieden, dass Österreich sowohl durch den Ausschluss von B2B-Umsätzen aus der Differenzbesteuerung für Reiseleistungen, als auch durch die Zulässigkeit einer Gruppen- oder Gesamtmargenregelung gegen die MwStSystRL verstoßen hat. Hinsichtlich der Ausnahme der B2B-Umsätze von der Margenbesteuerung konnte Österreich sich auch nicht auf Art. 370 i. V. m. Anhang X Teil A MwStSystRL berufen. Die Regelung sieht vor, dass Mitgliedstaaten, die am 1.1.1978 die in Anhang X Teil A MwStSystRL genannten Umsätze besteuert haben, diese weiterhin besteuern dürfen. Diese Ausnahmeregelung ist nach der EuGH-Entscheidung nicht auf die Österreich anwendbar, da Österreich erst am 1.1.1995 Mitglied der Union wurde. Österreich hat auf die EuGH-Rechtsprechung reagiert. Ab 1.1.2022 findet die Margenbesteuerung nicht mehr nur im B2C-Bereich, sondern auch im B2B-Bereich Anwendung (auch bei Kettengeschäften, unabhängig davon, ob am Ende der Kette ein privater Endverbraucher oder Unternehmer steht).[6] Auch muss für Umsätze, die nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden, die Marge im Einzelfall ermittelt werden. Eine Gesamtmargenbildung oder Pauschalierung ist nicht mehr möglich. Die gesetzliche Bestimmung des § 23 Abs. 1 AT-UStG 1994 ist von Bedeutung für Erbringer von Reiseleistungen und Pauschalreisen. Diese werden in § 2 Abs. 8 und Abs. 9 der Pauschalreiseverordnung[7] definiert.

Recht der Berufung auf Unionsrecht für die Zeit vor dem 18.12.2019

 
Wichtig

Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung

Bis zur Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung blieb es bei der Beschränkung der Margenregelung auf Reiseleistungen an Nichtunternehmer, wobei die Reiseveranstalter sich allerdings unmittelbar auf die EuGH-Rechtsprechung berufen konnten.[8]

Die Verwaltung[9] hat sich der BFH-Rechtsprechung zum unmittelbaren Berufungsrecht angeschlossen. Für vor dem 18.12.2019 an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen erbrachte Reiseleistungen kann sich der leistende Unternehmer nach den nachstehenden Grundsätzen unmittelbar auf die Sonderregelung der Artikel 306 ff. MwStSyStRL berufen. Außerdem kann sich ein Unternehmer für vor dem 18.12.2019 im Inland für sein Unternehmen bezogene Reiseleistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers ebenfalls nach den nachstehend...

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