1 Einleitung

 

Rz. 1

Unter Reisekosten[1] versteht man alle Aufwendungen, die auf eine nahezu ausschließlich betrieblich bzw. beruflich veranlasste, vorübergehende Tätigkeit außerhalb der Wohnung und Betriebs- bzw. ersten Tätigkeitsstätte des Unternehmers bzw. Arbeitnehmers zurückzuführen sind. Darunter fallen Fahrt-, Übernachtungs-, Verpflegungs- und Reisenebenkosten.

 

Rz. 2

Bei Reisekosten steht regelmäßig die Frage des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 4 EStG im Vordergrund, daneben die Möglichkeit der steuerfreien Erstattung an Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 16 EStG.

 

Rz. 3

Handelsrechtlich stellen Reisekosten üblicherweise laufenden Aufwand der Periode dar. Allerdings kann deren Aktivierung geboten sein, soweit sie als Nebenkosten den Anschaffungs- oder Herstellungsvorgängen zuzurechnen sind.

[1] Nicht zu den Reisekosten rechnen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeits- bzw. Betriebsstätte sowie im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung; s. "Betriebsausgaben nach EStG", Rz. 65 ff.

2 Betriebliche Veranlassung der Reisekosten als Voraussetzung für die steuerliche Abzugsfähigkeit

2.1 Grundlagen

 

Rz. 4

Reisekosten können steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn sie betrieblich/beruflich veranlasst sind. Problematisch ist die Behandlung von Aufwendungen für Reisen, die sowohl aus betrieblichen/beruflichen als auch aus privaten Gründen unternommen werden. Der Große Senat des BFH hat für einen derartigen Fall entschieden, dass die Aufwendungen für die Hin- und Rückreise in Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und Aufwendungen der privaten Lebensführung nach den privat und betrieblich/beruflich veranlassten Zeitanteilen der Reise aufzuteilen sind, wenn die betrieblich/beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Je nach Gewicht der privaten und beruflichen "Veranlassungsbeiträge" komme im Einzelfall auch ein anderer Aufteilungsmaßstab oder gar der Verzicht auf die Aufteilung in Betracht.[1]

 

Rz. 5

Der Beschluss des Großen Senats[2] bedeutet eine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung[3] und eine Absage an das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. Der Beschluss wurde von der Finanzverwaltung anerkannt.[4] Mit Schreiben vom 6.7.2010[5], das in allen offenen Fällen anzuwenden ist, hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung zur Umsetzung des Beschlusses veröffentlicht. Es ergeben sich folgende Grundsätze:

  • Ist eine Reise sowohl betrieblich/beruflich als auch privat veranlasst und entstehen dadurch gemischte Aufwendungen, kann grundsätzlich eine Aufteilung in als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbare sowie in privat veranlasste und nicht abziehbare Teile erfolgen.
  • Eine Aufteilung kommt nur in Betracht, wenn die betriebliche/berufliche Veranlassung umfassend dargelegt und nachgewiesen wird.
  • Die privat und betrieblich/beruflich veranlassten Reiseanteile müssen sich anhand objektivierbarer Kriterien, notfalls im Wege der Schätzung abgrenzen lassen. Fehlt eine geeignete Schätzungsgrundlage oder ist eine Trennung nicht möglich, gelten die Aufwendungen insgesamt als privat veranlasst.
  • Ist die betriebliche/berufliche Mitveranlassung von untergeordneter Bedeutung (weniger als 10 %), sind die Aufwendungen in vollem Umfang nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar.
  • Umgekehrt sind bei einer untergeordneten privaten Mitveranlassung (weniger als 10 %) die Aufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar.[6] Eine untergeordnete private Mitveranlassung der Kosten für eine Hin- und Rückreise ist auch dann anzunehmen, wenn der Reise ein eindeutiger unmittelbarer betrieblicher/beruflicher Anlass zugrunde liegt, z. B. ein Arbeitnehmer nimmt aufgrund einer Weisung seines Arbeitgebers einen ortsgebundenen Pflichttermin wahr oder ein Nichtarbeitnehmer tätigt einen ortsgebundenen Geschäftsabschluss oder ist Aussteller auf einer auswärtigen Messe, der mit einem vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt verbunden wird.[7]
  • In den Fällen der Durchführung beruflich veranlasster Reisen von Mitarbeitern aufgrund einer Weisung des Arbeitgebers können die Kosten der Hin- und Rückreise auch dann in vollem Umfang beruflich veranlasst sein, wenn der Arbeitnehmer den beruflichen Pflichttermin mit einem vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt verbindet. Hierbei soll es unbeachtlich sein, ob der private Teil der Reise kürzer oder länger ist als der berufliche. Eine gemischte Reise liegt also bei einer vom Arbeitgeber angeordneten Reise nicht vor.[8] Wird ein Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers bereits samstags auf eine Tagung entsendet, die allerdings erst montags beginnt, weil beispielsweise der Flug samstags zu günstigeren Konditionen möglich ist, so liegt keine gemischte Reise vor und eine Aufteilung in einen beruflichen und privaten Teil ist entbehrlich.[9]
  • Kommt nach den vorgenannten Grundsätzen die Aufteilung der Reisekosten in Betracht, ist wie folgt vorzugehen:

    • Zunächst sind die Reiseaufwendungen in die Kategorien privat veranlasst, betrieblich/beruflich veranlasst und gemischt veranlasst einzuteilen. Privat veranlasste Aufwend...

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