Rz. 24

Ortsfeste betriebliche Einrichtung

Als Tätigkeitsstätte kommt nur eine ortsfeste betriebliche Einrichtung

  • des Arbeitgebers
  • eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder
  • eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten

in Betracht.

Wird die Tätigkeit beispielsweise auf Fahrzeugen oder in Tätigkeitsgebieten ohne ortsfeste Einrichtung ausgeübt, kann keine erste Tätigkeitsstätte vorliegen, z. B. Busfahrer im Bus, Pilot und Stewardessen im Flugzeug, Lokführer und Zugbegleiter im Zug, Besatzung auf Schiffen.

Mangels betrieblicher Einrichtung ist das in der Wohnung befindliche häusliche Arbeitszimmer keine erste Tätigkeitsstätte.

Eine Verschärfung gilt in den Fällen, in denen Arbeitnehmer bei einem verbundenen Unternehmen oder einem Dritten, z. B. Kunden, eingesetzt werden. Der BFH hatte für diese Fälle entschieden, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers nur dann regelmäßige Arbeitsstätte sein kann, wenn der Arbeitgeber dort (ausnahmsweise) über eine eigene Betriebsstätte verfügte (sog. Kunden-Rechtsprechung).[1] Dies hatte auch die Finanzverwaltung bestätigt.[2] Seit dem 1.1.2014 kann somit eine erste Tätigkeitsstätte auch bei einem verbundenen Unternehmen oder einem Dritten vorliegen.[3] Dies gilt allerdings nur in den Fällen, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dort länger als 48 Monate, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder unbefristet zuordnet. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen hiermit Ausnahmefälle erfasst werden, z. B. Fälle des "Outsourcing".[4]

 

Rz. 25

Dauerhafte Zuordnung

Die ortsfeste betriebliche Einrichtung kann nur dann zur ersten Tätigkeitsstätte werden, wenn der Arbeitnehmer dieser dauerhaft zugeordnet wird. Von einer solchen dauerhaften Zuordnung ist insbesondere dann auszugehen, wenn

  • der Arbeitnehmer unbefristet,
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus

an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.[5]

Die Zuordnung "bis auf Weiteres" ist eine Zuordnung ohne Befristung und damit dauerhaft.[6]

Es handelt sich hierbei um eine Prognosebetrachtung ("soll"). Weichen die tatsächlichen Verhältnisse später durch unvorhergesehene Ereignisse, z. B. Krankheit, politische Unruhen am Tätigkeitsort, Insolvenz des Kunden o.  Ä., von der vereinbarten Festlegung ab (Ex-post-Betrachtung), sind diese nicht maßgeblich. Es bleibt bei der im Vorfeld festgelegten Zuordnung (Ex-ante-Betrachtung).[7]

 

Rz. 26

Dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung

Die Bestimmung der Tätigkeitsstätte knüpft vorrangig an die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen des Arbeitgebers an.[8] Diese können durch schriftliche oder mündliche Absprachen und Weisungen erfolgen. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeits- oder dienstrechtlich dauerhaft zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser oder auch an anderen Tätigkeitsstätten ausübt. Insoweit wird dem umfassenden Direktionsrecht des Arbeitgebers auch steuerlich Rechnung getragen.

Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen, z. B. Personalaktenführung, ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung tätig werden soll, ist keine Zuordnung i. S. d. § 9 Abs. 4 EStG. Auf die Qualität des Tätigwerdens kommt es jedoch nicht an (anders als bei der Bestimmung anhand der quantitativen Zuordnungskriterien, siehe 3.3.3). Werden Hilfs- und Nebentätigkeiten (z. B. Auftragsbestätigungen, Stundenzettel, Krank- und Urlaubsmeldungen abgegeben, etc.) ausgeführt, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu dieser Tätigkeitsstätte zuordnen, selbst wenn für die Zuordnung letztlich tarifrechtliche, mitbestimmungsrechtliche oder organisatorische Gründe ausschlaggebend sind.[9]

Dabei ist es auch nicht entscheidend, ob an der ortsfesten Einrichtung, die der Arbeitnehmer zugeordnet werden soll, der qualititative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers liegt. Vielmehr reicht es auch – so auch mittlerweile durch die BFH-Rechtsprechung in mehreren aktuellen Urteilen nochmals bestätigt respektive konkretisiert –, dass der Arbeitnehmer zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten (am Ort der ersten Tätigkeitsstätte) zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.[10]

Soll der Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten seine Tätigkeit ausüben, kann unter den Voraussetzungen unabhängig von der Regelmäßigkeit des Aufsuchens oder des Umfangs seiner Tätigkeit jede der in Frage kommenden ortsfesten Einrichtungen als erste Tätigkeitsstätte festgelegt werden.[11]

Die dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers muss nicht dokumentiert werden. Diese kann sich vielmehr ergeben aus z. B. Regelungen im Arbeits-, Tarifvertrag, Protokollnotizen, dienstrechtliche Verfügungen, Einsatzpläne, Reisekostenrichtlinien und -abrechnungen, der Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Nutzu...

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