3.1 Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014

 

Rz. 18

Mit dem "Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts" vom 20.2.2013[1] sollte das steuerliche Reisekostenrecht mit Wirkung ab 1.1.2014 grundlegend vereinfacht und vereinheitlicht werden.[2]

 

Rz. 19

Anlass zu der Reform war u. a. die Rechtsprechung des BFH in den vergangenen Jahren, insbesondere in 3 Urteilen v. 9.6.2011 zur regelmäßigen Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten.[3] Kernaussage des BFH war, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte je Arbeitsverhältnis innehaben kann (Rechtsprechungsänderung).

Die Finanzverwaltung hatte sich dieser Auffassung angeschlossen und bis zu einer gesetzlichen Neuregelung in Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung festgelegt, in welchen Fällen eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt.[4] Mit der Gesetzesänderung wurde der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte", der bislang nicht einzelgesetzlich definiert, sondern von der Rechtsprechung ausgefüllt und im Rahmen der Lohnsteuer-Richtlinien in die Praxis umgesetzt war,[5] durch den Begriff "erste Tätigkeitsstätte" ersetzt. Die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte findet sich in § 9 Abs. 4 EStG. Klar geregelt wird hier u. a. die bisherige Rechtsprechung des BFH, dass ein Arbeitnehmer je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben kann. Im Folgenden wird allein auf die seit 1.1.2014 geltende Rechtslage eingegangen. Dies gilt gleichermaßen für Unternehmer wie für Arbeitnehmer.[6]

 

Rz. 20

Zu der steuerlichen Beurteilung von Reisekosten der Arbeitnehmer hat das BMF erstmals in einem ausführlichen Schreiben vom 30.9.2013 Stellung genommen.[7] Soweit relevant, wird auf die Ausführungen der Finanzverwaltung verwiesen. Für die steuerliche Beurteilung von Reisekosten der Unternehmer wird in einem separaten BMF-Schreiben Stellung genommen.[8]

 

Rz. 20a

Nachdem es in der Praxis zu zahlreichen Anwendungsfragen kam, veröffentlichte die Finanzverwaltung am 24.10.2014 ein ergänztes Anwendungsschreiben,[9] welches u. a. Klarstellungen zum Begriff der ersten Tätigkeitsstätte, zur Erstattung von Verpflegungspauschalen, Mahlzeitengestellung und zur doppelten Haushaltsführung enthalten hat.[10]

Basierend auf den seit dem ergänzten BMF-Schreiben aus dem Jahr 2014 ergangenen Urteilen sowie den Änderungen zum Reisekostenrecht, hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 25.11.2020 ein aktualisiertes BMF-Schreiben in Bezug auf das steuerliche Reisekostenrecht veröffentlicht. In diesem Schreiben folgt die Finanzverwaltung im Wesentlichen der vergangenen BFH-Rechtsprechung. Ebenfalls wurden auch die seit dem 1.1.2020 geltenden Verpflegungspauschalen sowie Sachbezugswerte in dem neuen BMF-Schreiben umgesetzt.[11]

3.2 Begriff und Abgrenzung der Reisekosten

 

Rz. 21

Bis zum 31.12.2013 kann eine zu Reisekosten führende beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit nur dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und an keiner seiner regelmäßigen Arbeitsstätten beruflich tätig wird.[1] Demnach konnten Reisekosten nur dann anfallen, wenn der Arbeitnehmer "auswärtig", d. h. eben nicht an seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig wird.

 

Rz. 22

Diese Systematik ist seit 1.1.2014 in § 9 Abs. 4a Satz 2 EStG im Zusammenhang mit den steuerlich abzugsfähigen Mehraufwendungen für Verpflegungspauschalen gesetzlich verankert. Eine "auswärtige berufliche Tätigkeit" (Auswärtstätigkeit) liegt demnach dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird.

3.3 Erste Tätigkeitsstätte

3.3.1 Gesetzliche Definition

 

Rz. 23

Die "erste Tätigkeitsstätte" wird in § 9 Abs. 4 EStG wie folgt definiert:

1Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. 2Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch di...

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