Voraussetzung für eine erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers. Dabei kann es sich um "räumlich zusammengefasste Sachmittel" handeln, die mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden.[1] Somit können ein Flughafengelände oder auch ein Hafengelände als eine großräumige erste Tätigkeitsstätte eingestuft werden. Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt jedoch nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers auszuüben hat[2] Es liegt also kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor, soweit der Arbeitnehmer auf dem Gebiet anderer Unternehmen eingesetzt wird.

 
Praxis-Beispiel

Flughafengelände gilt als erste Tätigkeitsstätte einer Pilotin

Eine Pilotin war, wenn auch in geringem Umfang, in der A-Basis am Flughafen X tätig. Zu den Aufgaben der Klägerin gehörte es u. a., vor jedem Abflug in der A-Basis auf dem Flughafen X an dem 60- bis 100-minütigen Briefing der Flugbesatzung teilzunehmen, die Wettermeldungen zu überprüfen, sich an der Beurteilung der Wetterlage zu beteiligen, alle notwendigen Unterlagen und Informationen zur Durchführung des Fluges einzuholen, den Flugplan zu überprüfen, sich mit dem technischen Status des Flugzeugs vertraut zu machen und die Abflugdaten zu errechnen. Nach dem Flug musste sie den Kommandanten bei der Vervollständigung der Flugunterlagen unterstützen und auf Anweisung schriftliche Berichte erstellen. Die Pilotin machte die Fahrtkosten zwischen Wohnung und Flughafen sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen gegenüber dem Finanzamt geltend, weil sie der Auffassung war, dass das Flughafengelände keine erste Tätigkeitsstätte sein könne. Das Finanzamt gewährte nur die Entfernungspauschale.

Der BFH entschied, dass fliegendes Personal (wie z. B. Piloten oder Flugbegleiter) dort seine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte hat, wo es von seinem Arbeitgeber arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet ist. Außerdem ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, die er arbeitsvertraglich schuldet. Da die Pilotin in den auf dem Flughafengelände gelegenen Räumen der Airline in gewissem Umfang auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Flugvor- und nachbereitung zu erbringen hatte, verfügte sie dort über eine erste Tätigkeitsstätte. Es spielt keine Rolle, dass sie überwiegend im internationalen Flugverkehr tätig war. Der BFH weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (z. B. Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) als (großräumige) erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt.

Konsequenz: Bei den Fahrten zum Flughafen handelt es sich um Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, bei denen nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer abgezogen werden darf. Dementsprechend hat der BFH auch den Ansatz der Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen bei einer Luftsicherheitskontrollkraft verneint, die auf dem gesamten Flughafengelände eingesetzt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Hafengebiet als großräumige Arbeitsstätte

Ein Hafenarbeiter ist im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben im Hamburger Hafen tätig. Der Hafenarbeiter erklärte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung tätig zu werden. Danach verpflichtete er sich "nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen". Außerdem gab er "sein unwiderrufliches Einverständnis sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen".

In seiner Steuererklärung gab er Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hafenzugang als Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an und begehrte den Ansatz der Entfernungspauschale von 2.509,20 EUR. Für die Fahrten innerhalb des Hafengeländes machte er die tatsächlichen Fahrtkosten in Höhe von (6.708 km x 0,30 EUR/km =) 2.013 EUR geltend. Anschließend machte er für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt anstelle der (ursprünglich beantragten) Entfernungspauschale die tatsächlichen Kosten in Höhe von 5.018,40 EUR geltend, weil er im Hafengebiet keine erste Tätigkeitsstätte gehabt habe. Der BFH stimmte dem zu.

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