Fehlt eine dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine erste Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig erfolgt, bestimmt das Gesetz[1] als erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung (Arbeitgeber, Konzernunternehmen, Dritter), an der der Arbeitnehmer

  • typischerweise arbeitstäglich oder
  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder
  • je Arbeitswoche mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit

dauerhaft tätig werden soll. Für die Auslegung des Kriteriums "dauerhaft" gelten die obigen Grundsätze entsprechend.

 
Praxis-Beispiel

Quantitative Zuordnung

Ein Arbeitnehmer wird unbefristet eingestellt, um dauerhaft in der Filiale A des Arbeitgebers zu arbeiten. Tatsächlich arbeitet er in den ersten 30 Monaten seiner Tätigkeit in der Filiale A nur zwei Tage wöchentlich und die anderen drei Tage in der Filiale im Nachbarort B. Der Arbeitgeber hat seinen Mitarbeiter für die ersten 30 Monate der Filiale B im Nachbarort zugeordnet.

In den 30 Monaten hat der Arbeitnehmer in der Filiale B keine erste Tätigkeitsstätte, weil er dort nicht dauerhaft zugeordnet ist. Durch die Regeln der quantitativen Zuordnung ist die Filiale A erste Tätigkeitsstätte, da der Arbeitnehmer dort dauerhaft an zwei vollen Arbeitstagen tätig werden soll.

Im Gegensatz zur arbeitsrechtlichen Zuordnung erfordert die quantitative Zuordnungsregel, dass der Arbeitnehmer an der betrieblichen Einrichtung seine eigentliche berufliche Tätigkeit ausübt. Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer die Firma nur aufsucht um Aufträge abzuholen, Berichte zu fertigen, Wagenpflege durchzuführen oder sonstige Begleitarbeiten zu verrichten.

 
Praxis-Beispiel

Quantitative Zuordnung bei Außendienstmitarbeitern

Ein Kundendienstmonteur, der von seinem Arbeitgeber keiner betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist, soll typischerweise täglich den Firmensitz aufsuchen, um dort die Kundenaufträge und die erforderlichen Ersatzteile abzuholen.

Diese Tätigkeiten allein führen nicht zu einer ersten Tätigkeitsstätte am Firmensitz.

Wie das Beispiel zeigt, wird ein Außendienstmitarbeiter ohne arbeitsrechtliche Zuordnung in vielen Fällen keine erste Tätigkeitsstätte begründen. Damit ergeben sich Vorteile insbesondere für Firmenwageninhaber, aber auch bei den Verpflegungspauschalen.

Bei der quantitativen Prüfung kommt es somit allein auf den Umfang der an der Tätigkeitsstätte zu leistenden arbeitsvertraglichen Arbeitszeit (mind. 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit oder zwei volle Arbeitstage wöchentlich oder arbeitstäglich) an.

Dies bedeutet zusammenfassend:

  • Soll der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte zwei volle Arbeitstage je Arbeitswoche oder mindestens 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden, dann ist dies die erste Tätigkeitsstätte.
  • Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte arbeitstäglich und mindestens 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
  • Soll der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte arbeitstäglich, aber weniger als 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden, dann führt dies nur zu einer ersten Tätigkeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer dort typischerweise arbeitstäglich seine eigentliche berufliche Tätigkeit und nicht nur Vorbereitungs- , Hilfs- oder Nebentätigkeiten (Rüstzeiten, Abholung oder Abgabe von Kundendienstfahrzeugen oder LKWs einschließlich deren Be- und Entladung, die Abgabe von Auftragsbestätigungen, Stundenzetteln, Krankmeldungen, Urlaubsanträgen oder Ähnlichem) durchführen soll.
  • Erfüllen danach mehrere Tätigkeitsstätten die quantitativen Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte, kann der Arbeitgeber bestimmen, welche dieser Tätigkeitsstätten die erste Tätigkeitsstätte ist.
  • Fehlt eine solche Bestimmung des Arbeitgebers, wird zugunsten des Arbeitnehmers die Tätigkeitsstätte zugrunde gelegt, die der Wohnung des Arbeitnehmers am nächsten liegt.
 
Praxis-Beispiel

Quantitative Zuordnung bei mehreren Tätigkeitsstätten

Ein in Freiburg wohnender Kundenberater arbeitet dauerhaft an zwei Tagen wöchentlich am Hauptsitz der Bank in Freiburg und an drei Tagen in einer Filiale in Emmendingen. Der Arbeitgeber bestimmt den Hauptsitz in Freiburg zur ersten Tätigkeitsstätte.

Durch die Bestimmung des Arbeitgebers befindet sich die erste Tätigkeitsstätte am Hauptsitz der Bank in Freiburg. Dass er dort nur zwei Tage und damit zeitlich nicht überwiegend arbeitet, ist unerheblich.

Der Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben. Mehrere Tätigkeitsstätten sind also nur bei mehreren Dienstverhältnissen möglich.

 
Wichtig

Prognose ist entscheidend

Die quantitativen Kriterien sind stets anhand der in die Zukunft gerichteten Prognose zu beurteilen. Unvorhersehbare Ereignisse (wie z. B. Krankheit, Lockdown usw.) können für abweichende Verhältnisse sorgen, verändern jedoch nicht die ursprünglich getroffen Prognoseentscheidung bezüglich der Festlegung der ersten Tätigkeitsstätte.[2]

[2] BMF, Schreiben v. 25....

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