Weitere Voraussetzung des Arbeitsortbegriffs "erste Tätigkeitsstätte" ist, dass der Arbeitnehmer einer der oben genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft zugeordnet ist. Das Gesetz nennt dabei abschließend 2 Fallgruppen, die eine dauerhafte Zuordnung begründen können. Von einer dauerhaften Zuordnung im Sinne einer ersten Tätigkeitsstätte ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer

  • nach dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen oder die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen einer der genannten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist (arbeitsrechtliches Zuordnungsprinzip) oder
  • zeitlich in der genannten betrieblichen Einrichtungen dauerhaft

    • typischerweise arbeitstäglich,
    • 2 volle Arbeitstage pro Woche oder
    • ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (quantitatives Zuordnungsprinzip).

Die Abgrenzung ist bei beiden Fallgruppen anhand einer im Voraus zu treffenden Prognoseentscheidung vorzunehmen, deren Grundlage die dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Festlegungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind.[1] Diese sog. Ex-ante-Betrachtung hat regelmäßig zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses zu erfolgen. Vorrang hat nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die arbeitsrechtliche Zuordnung.[2] Deshalb sind auch Zeiträume vor 2014 in die Prüfung der dauerhaften Zuordnung einzubeziehen.[3] Die zeitliche Abgrenzung ist als subsidiäre Alternative festgelegt, die nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitgeber keine dienst- bzw. arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte getroffen hat oder diese nicht eindeutig ist. Ziel des Gesetzgebers war es, mit der gesetzlichen Neuregelung des Reisekostenrechts durch die vorrangige arbeitsrechtliche Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung ein Auseinanderfallen von Arbeits- und Steuerrecht bei den Reisekosten weitgehend zu vermeiden.

2.4.1 Arbeitsrechtliche Zuordnung

Bei der arbeitsrechtlichen Zuordnung bestimmt der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts, wo der Arbeitnehmer tätig wird. Dieser arbeitsrechtlichen Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung schließt sich das Steuerrecht an. Dies gilt unabhängig davon, ob die arbeitsrechtlichen Festlegungen schriftlich oder mündlich erteilt werden.[1] Diese Zuordnung durch den Arbeitgeber zu einer Tätigkeitsstätte muss nach der Prognoseeinschätzung auf Dauer angelegt sein. Das Gesetz nennt beispielhaft, in welchen Fällen von einer dauerhaften Zuordnung auszugehen ist. Das Merkmal der Dauerhaftigkeit ist danach erfüllt, wenn der Arbeitnehmer an der durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers festgelegten betrieblichen Einrichtung

  • unbefristet,
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten

tätig werden soll. Die arbeitsvertragliche Festlegung der Beschäftigungsdauer mit "bis auf Weiteres" kommt einer unbefristeten Einsatzdauer gleich. Bei Beamten ist eine Abordnung bis auf Weiteres wie bei einer Versetzung eine dauerhafte Zuordnung zum neuen Dienstort.[2] Dauerhaft kann danach auch die dienstliche Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten sein.[3] Als Folge der in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise kommt im Falle der Verlängerung einer zunächst auf weniger als 48 Monate geplanten Abordnung an eine ortsfeste betriebliche Einrichtung diese nur dann als erste Tätigkeitsstätte infrage, wenn der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung dort noch länger als 48 Monate eingesetzt werden soll.

 
Praxis-Beispiel

Keine erste Tätigkeitsstätte durch Einsatzverlängerung bis zu 4 Jahren

Ein bei einer Pharma-AG in Stuttgart unbefristet beschäftigter Software-Entwickler wird für eine Projektdauer von voraussichtlich 18 Monaten dem betrieblichen Standort in Karlsruhe zugeordnet. Als erste Tätigkeitsstätte ist der Betriebssitz in Stuttgart festgelegt. Nach 14 Monaten wird die Abordnung um weitere 3 Jahre verlängert.

Der Arbeitnehmer hat seine erste Tätigkeitsstätte auch während der Abordnung nach Karlsruhe in Stuttgart. Obwohl der Arbeitnehmer insgesamt 50 Monate und damit länger als 4 Jahre in Karlsruhe eingesetzt ist, begründet er dort aufgrund der gebotenen Prognose-Betrachtung keine erste Tätigkeitsstätte. Weder im Zeitpunkt der erstmaligen Zuordnung noch im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung ist der Software-Entwickler für mehr als 48 Monate (= dauerhaft) an der Zweigstelle Karlsruhe eingesetzt.

Etwas anderes würde vorliegend gelten, wenn die Verlängerungsentscheidung einen Restzeitraum von mehr als 4 Jahren umfasst. In diesem Fall wird die erste Tätigkeitsstätte ab der Verlängerungsentscheidung mit Wirkung für die Zukunft am Standort in Karlsruhe begründet. Für die ersten 14 Monate bleibt die Tätigkeit in Karlsruhe eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit, für die der Arbeitnehmer Reisek...

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