Zwar verlangt § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG die Zugehörigkeit der angeschafften Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte. Jedoch haben das FG Niedersachsen mit Urteil vom 1.12.2011[1] und das FG München mit Urteil vom 7.7.2014[2] entschieden, der Vorrang des Unionsrechts gebiete die Anwendung des § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG auf zum Anlagevermögen angeschaffte Wirtschaftsgüter im Unionsgebiet. Danach erfordert die Vorschrift keine Zugehörigkeit des Reinvestitionsguts zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte, sondern einer Betriebsstätte im Unionsgebiet.

Im Fall des FG Niedersachsen nutzte ein niederländisches Unternehmen in Deutschland landwirtschaftliche Flächen zum Torfabbau. Da in Deutschland keine weiteren geeignete Flächen zum Torfabbau waren, wurden entsprechende Flächen in Holland erworben. Das FG Niedersachsen hat die Übertragung auf die niederländischen Grundflächen zugelassen.

Dieser Inlandsbezug wird in einer neueren Entscheidung auch vom EuGH moniert.[3] Der EuGH moniert insbesondere das bisherige Erfordernis, dass auch das neu angeschaffte Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen eines in Deutschland belegenen Betriebs gehören muss.

Im entschiedenen Fall veräußerte ein Landwirt seinen inländischen Betrieb und bildete eine § 6b-Rücklage. Diese übertrug er auf die Anschaffungskosten eines Grundstücks einer ungarischen KG.

Der BFH hat jedoch der Übertragung einer § 6b-Rücklage auf eine EU-Betriebsstätte eine klare Absage erteilt.[4] Nach Auffassung des BFH kommt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes die Übertragung einer Rücklage nur dann in Betracht, wenn ein Reinvestitionsobjekt i. S. d. § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum Ablauf der 4-jährigen Reinvestitionsfrist angeschafft oder hergestellt wird.[5] Außerdem ist Voraussetzung, dass die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören.[6] Das Grundstück in Ungarn, das dem Steuerpflichtigen bei Anwendung des § 6b EStG grundsätzlich entsprechend seiner Beteiligungsquote anteilig zuzurechnen war, diente dem Betrieb der ungarischen KG und war damit keiner inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnen.

An diesem Ergebnis ändere auch die rückwirkende Einfügung des § 6b Abs. 2a EStG durch das StÄndG 2015 nichts. Grund hierfür sei die Entscheidung des EuGH vom 16.4.2015 gewesen, wonach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße.[7] Nach § 6b Abs. 2a Satz 1 EStG kann die festgesetzte Steuer, die auf einen Gewinn i. S. d. § 6b Abs. 2 EStG entfällt, auf Antrag des Steuerpflichtigen in 5 gleichen Jahresraten entrichtet werden. Voraussetzung ist, dass im Jahr der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts oder in den folgenden 4 Jahren ein in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bezeichnetes Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, das einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des europäischen Wirtschaftsraums zuzuordnen ist.

§ 6b Abs. 2a EStG vermittelt nach Ansicht des BFH nur einen Anspruch auf zinslose Stundung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer. Im Rahmen der Steuerfestsetzung bleibe es dagegen bei der bisherigen Regelung, so dass die vom Finanzamt erfolgte Auflösung der Rücklage zutreffend erfolgt sei.

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