Leitsatz

Einkünfte aus Kapitalvermögen, die unter die Günstigerprüfung fallen, sind im Rahmen des Schwellenwerts, der zur Durchführung einer Außenprüfung berechtigt, zu berücksichtigen.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2011 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.099.306 EUR als dem inländischen Steuerabzug unterliegend und in Höhe von 84.237 EUR als nicht dem inländischen Steuerabzug unterliegend. In der Steuererklärung stellte er unter anderem einen Antrag auf eine Günstigerprüfung und auf Überprüfung der Steuereinbehalte sowie auf Verrechnung mit Verlusten nach der bis 31.12.2008 geltenden Rechtslage. Außerdem erklärte er Einnahmen aus Renten und privaten Veräußerungsgeschäften. Das Finanzamt berücksichtigte die Anträge. Insbesondere durch die Verrechnung mit den Altverlusten ergab sich eine Einkommensteuer von 0 EUR. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuerte es mit dem tariflichen Steuersatz, da die zuvor erfolgte Besteuerung mit der Abgeltungsteuer ungünstiger war. Die Kapitalertragsteuer wurde angerechnet und erstattet. Am 29.11.2016 erließ das Finanzamt gegenüber dem Antragsteller eine Prüfungsanordnung. Als Rechtsgrundlage wurde auf § 193 i. V. m. § 147a AO verwiesen, da der Steuerpflichtige die Grenze von 500.000 EUR überschritten habe und deshalb zur Aufbewahrung der Unterlagen verpflichtet sei. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese wurde ablehnt, so dass die AdV erneut nunmehr beim Finanzgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt wurde. Er führte zur Begründung insbesondere aus, dass er die Schwellenwerte des § 147a AO nicht erreicht habe. Die der Abgeltungsteuer unterliegenden Erträge seinen hierbei nämlich insbesondere nicht zu berücksichtigen.

 

Entscheidung

Der Antrag auf AdV hatte auch beim Finanzgericht keinen Erfolg. Nach Ansicht des FG Schleswig-Holstein seien keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts ersichtlich. Gemäß § 193 Abs. 1 AO sei eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen im Sinne des § 147a AO zulässig. Dieses seien Steuerpflichtige, die Überschusseinkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG von mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr erzielen. Auch Einkünfte aus Kapitalvermögen fielen unter diese Regelung. Nach Ansicht der Verwaltung bleiben hierbei Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, außer Betracht, auch wenn der Wortlaut der Bestimmung gegen diesen Ausschluss spreche. Einkünfte, die aufgrund der Günstigerprüfung nicht der Abgeltungsteuer unterworfen werden, wie dieses hier der Fall war, sind in jedem Fall zu berücksichtigen. Da insofern die positiven Einkünfte des Antragstellers über 500.000 EUR lagen, sei die Regelung des § 147a AO auf ihn anzuwenden. Die bestehenden Verlustvorträge sowie Werbungskosten würden die Einkünfte des Antragstellers nicht berühren. An der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 147a AO bestünden keine Bedenken. Schließlich seien auch keine Ermessensfehler der Finanzverwaltung im Hinblick auf den Erlass der Prüfungsanordnung ersichtlich.

 

Hinweis

Bereits seit einigen Jahren besteht für Steuerpflichtige, die hohe Überschusseinkünfte von über 500.000 EUR erzielen, eine besondere Aufbewahrungspflicht für Unterlagen nach § 147a AO (siehe im Einzelnen Dißars, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 147a AO Rz. 1ff. zu den Voraussetzungen und Folgen der Norm). § 193 Abs. 1 AO ermöglicht es zudem, bei den betroffenen Steuerpflichtigen eine Außenprüfung durchzuführen. Bei der Berechnung der Schwellenwerte sind dabei Einkünfte, die der Abgeltungsteuer unterliegen, nach Ansicht der Finanzverwaltung (AOAE zu § 147a AO) nicht zu berücksichtigen, obwohl der Wortlaut der Bestimmung diese Auslegung nicht nahelegt. Im Entscheidungsfall hatte der Antragsteller allerdings einen Antrag auf Günstigerprüfung gestellt, so dass es auf die Frage, ob die Ansicht der Finanzverwaltung zutrifft, nicht ankam. Vielmehr stellte das Finanzgericht klar, dass bei einer Günstigerprüfung die Einkünfte bei der Berechnung der Schwellenwerte in jedem Fall zu berücksichtigen sind. Dies gilt es zukünftig in jedem Fall zu berücksichtigen. Darüber hinaus setzt sich das Finanzgericht auch mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm auseinander. Diese wird man trotz einiger Bedenken wohl zu bejahen haben (vgl. sehr kritisch Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147a AO Rz. 5ff.). Schließlich sei darauf hingewiesen, dass § 147a AO durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz um einen neuen Abs. 2 erweiterte wurde, der eine Aufbewahrungspflicht bei einer Beteiligung an einer sog. Drittstaat-Gesellschaft im Sinne von § 138 Abs. 3 AO normiert. Auch bei Steuerpflichtigen, die eine solche Beteiligung halten, ist zukünftig eine Pflicht zur Aufbewahrung gegeben und eine Außenprüfung möglich.

Abzuwarten bleibt, ob sich der BFH noch zum Fall äußern wird. In jedem Fall wurde die weitere Beschwerde zugelassen. Diese wurde auch ein...

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