Rz. 111

Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz UStG ausdrücklich klargestellt, dass nur die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar ist. Dies bedeutet, dass der Vorsteuerabzug auch bei Vorliegen einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis nicht möglich ist, wenn der Rechnungsaussteller die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht schuldet.

 

Rz. 112

Im Umsatzsteuerrecht spricht man von einem "unrichtigen Steuerausweis", wenn ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausweist, als er nach dem Gesetz schuldet, § 14 c Abs. 1 Satz 1 UStG. Der Unternehmer hat nach § 14 c Abs. 1 UStG auch den Mehrbetrag an das Finanzamt abzuführen. Beispiele für einen unrichtigen Steuerausweis sind etwa die fälschliche Anwendung des allgemeinen statt des ermäßigten Steuersatzes, Ausweis von Umsatzsteuer bei steuerfreien Leistungen, nicht steuerbare Leistungen im Ausland, nicht steuerbare Geschäftsveräußerungen i. S. v. § 1 Abs. 1a UStG sowie nicht versteuerte steuerpflichtige Leistungen, wenn die Steuer für die Leistung wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann.[1] Betroffen sind des Weiteren die Fälle der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13 b UStG, wenn der leistende Unternehmer entgegen § 14 a Abs. 5 Satz 2 UStG die Umsatzsteuer in der Rechnung ausweist.

 

Rz. 113

 
Hinweis
  • Für den Fall eines unrichtigen (zu hohen) Steuerausweises i. S. d. § 14 c Abs. 1 UStG kann der Vorsteuerabzug jedoch unter den übrigen Voraussetzungen in Höhe der für die bezogene Leistung geschuldeten Steuer vorgenommen werden. Wenn beispielsweise Leistungen zum ermäßigten Steuersatz von 7 % mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % in Rechnung gestellt wurden, kann die Vorsteuer in Höhe des ermäßigten Steuersatzes geltend gemacht werden.
  • Die Regelung des § 14 c Abs. 1 UStG ist auch auf Gutschriften anzuwenden, soweit der Gutschriftempfänger einem zu hohen Steuerbetrag nicht widerspricht. Wird in einem Dokument der Begriff "Gutschrift" verwendet, obwohl es sich um keine Gutschrift i. S. v. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG handelt, führt dies nicht zu einem unberechtigten Steuerausweis. Die alleinige Verwendung des Begriffs "Gutschrift" fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 14 c Abs. 1 UStG.
  • Sind für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt worden, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet wurden, schuldet der leistende Unternehmer den hierin gesonderten ausgewiesenen Steuerbetrag. Die Gefahr einer mehrfachen Rechnungsversendung ist bei elektronischen Rechnungen (z. B. E-Mail mit PDF-Datei) aufgrund des unkomplizierten Versands besonders hoch. Die Finanzverwaltung hat dazu entschieden, dass die mehrfache Versendung von inhaltlich identischen (s. § 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung keinen unberechtigten Steuerausweis auslöst.[2]
  • Hat der Leistungsempfänger aus einer Rechnung entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen höheren Betrag als die für die Lieferung oder sonstige Leistung gesetzlich geschuldete Steuer als Vorsteuer geltend gemacht, hat er den Mehrbetrag an das Finanzamt zurückzuzahlen. Die Rückzahlung ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, für den der Mehrbetrag zu Unrecht als Vorsteuer abgezogen wurde.[3]
 

Rz. 114

Der leistende Unternehmer (Rechnungsaussteller) kann die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 c Abs. 1 Satz 2 UStG gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde.[4]

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmer berechnet für eine Lieferung die Umsatzsteuer mit 19 %, obwohl hierfür nach § 12 Abs. 2 UStG nur 7 % geschuldet werden.

 
Entgelt 1.000,00 EUR
+ 19 % Umsatzsteuer 190,00 EUR
Rechnungsbetrag 1.190,00 EUR

Wird der Rechnungsbetrag um die zu hoch ausgewiesene Steuer herabgesetzt, ergibt sich folgende berichtigte Rechnung:

 
Entgelt 1.000,00 EUR
+ 7 % Umsatzsteuer 70,00 EUR
Rechnungsbetrag 1.070,00 EUR

Bleibt der Rechnungsbetrag in der berichtigten Rechnung unverändert, so ergibt sich die richtige Steuer durch Herausrechnen aus dem bisherigen Rechnungsbetrag:

 
Rechnungsbetrag mit Steuer 1.190,00 EUR
darin enthaltene Steuer auf der Grundlage des ermäßigten Steuersatzes von 7 % = 7/107 77,85 EUR
Rechnungsbetrag ohne Steuer 1.112,15 EUR
Berichtigte Rechnung:  
Entgelt 1.112,15 EUR
7 % Umsatzsteuer 77,85 EUR
Rechnungsbetrag 1.190,00 EUR
 

Rz. 115

Bei zu niedrigem Steuerausweis schuldet der Unternehmer die gesetzlich vorgeschriebene Steuer. Der Unternehmer hat in diesem Fall die Steuer unter Zugrundelegung des maßgeblichen Steuersatzes aus dem Gesamtrechnungsbetrag herauszurechnen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Unternehmer berechnet für eine Lieferung die Steuer mit 7 %, obwohl hierfür nach § 12 Abs. 1 USt...

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