Eine Sachwertabfindung liegt vor, wenn ein aus der Mitunternehmerschaft ausscheidender Mitunternehmer als Abfindung nicht Geldansprüche, sondern Wirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen erhält. Zivilrechtlich wächst der Gesellschaftsanteil des Ausscheidenden den verbleibenden Gesellschaftern an. Steuerlich liegt hierin eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils an die verbliebenen Gesellschafter, auch wenn der Gegenwert aus dem Gesellschaftsvermögen stammt.[1]

Steuerlich gehört bei einer Sachwertabfindung ins Privatvermögen der gemeine Wert des empfangenen Wirtschaftsguts beim weichenden Gesellschafter zu seinem Veräußerungserlös, bei ihm entsteht wie im Fall der Geldabfindung ein Veräußerungsgewinn. Zusätzlich führt die Sachwertabfindung bei dem oder den verbliebenen Gesellschaftern in Höhe ihrer stillen Reserven an dem hingegebenen Wirtschaftsgut anteilig zur Entstehung eines laufenden Gewinns.[2]

 
Praxis-Beispiel

Sachwertabfindung in das Privatvermögen

Das Betriebsvermögen der X-OHG mit einem gemeinen Wert hat einen Wert von 400.000 EUR (Buchwert: 240.000 EUR). S und seine Schwester T sind Gesellschafter zu je ½. Das Kapitalkonto jedes Gesellschafters beläuft sich auf ½ von 240.000 EUR = 120.000 EUR.

S und T vereinbaren, dass T aus der OHG ausscheidet und S den Betrieb allein übernimmt. T erhält als Abfindung ein zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörendes Grundstück mit einem Verkehrswert von 200.000 EUR (Buchwert: 140.000 EUR). Die Bilanz der OHG vor Ausscheiden der T zeigt vereinfacht dargestellt folgendes Bild:

 
Aktiva Bilanz vor Ausscheiden der T Passiva
  Buchwert gemeiner Wert   Buchwert gemeiner Wert
Grundstück 140.000 EUR 200.000 EUR Kapital S 120.000 EUR 200.000 EUR
sonstige WG 100.000 EUR 200.000 EUR Kapital T 120.000 EUR 200.000 EUR
  240.000 EUR 400.000 EUR   240.000 EUR 400.000 EUR

Veräußerungsgewinn T

Der aus der OHG ausscheidenden T entsteht ein Gewinn aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Abfindungsguts (200.000 EUR) und dem Buchwert ihres Kapitalkontos (120.000 EUR), also von 80.000 EUR. Das sind ½ der stillen Reserven des Grundstücks (= 30.000 EUR) und ½ der stillen Reserven der sonstigen Aktiva (= 50.000 EUR). Als Veräußerungsgewinn werden also die im Betriebsvermögen enthaltenen – auf T entfallenden – stillen Reserven von 80.000 EUR (½ von 160.000 EUR) erfasst. Der Veräußerungsgewinn ist nach §§ 16, 34 EStG begünstigt.

Laufender Gewinn S

Bei dem verbliebenen S liegen steuerlich 2 Vorgänge vor, weil der weitere Abfindungsvorgang gedanklich in 2 Phasen zu zerlegen ist

1. Stufe: S erwirbt den Gesellschaftsanteil der T, zu dem auch das als Sachwertabfindung hingegebene Grundstück gehört. S muss die Abfindungsschuld gegenüber T von 200.000 EUR passivieren und den über das Kapitalkonto der T von 120.000 Euro hinausgehenden Abfindungsbetrag von 80.000 EUR in seiner Steuerbilanz aktivieren, und zwar durch eine anteilige Teilaufstockung der Buchwerte der Wirtschaftsgüter, die stille Reserven enthalten.

Vorliegend betragen die stillen Reserven insgesamt 160.000 EUR (beim Grund­stück 60.000 EUR und bei den sonstigen Aktiva 100.000 EUR). Das ist ein Verhältnis von 60/160 zu 100/160). Der Buchwert des Grundstücks muss also um (60/160 = 37,5 % von 80.000 EUR) = 30.000 EUR auf 170.000 EUR aufgestockt werden und der Buchwert der sonstigen Wirtschaftsgüter um (100/160 = 62,5 % von 80.000 EUR =) 50.000 EUR:

 
Aufstockung Grundstück: 37,5 % von 80.000 EUR 30.000 EUR
Aufstockung sonstige WG: 62,5 % von 80.000 EUR 50.000 EUR
    80.000 EUR

2. Stufe: In einem zweiten Schritt tilgt der verbliebene S im Rahmen eines tauschähnlichen Rechtsgeschäfts die Abfindungsschuld von 200.000 EUR durch Übertragung des Grundstücks. Dies hat zur Folge, dass bei ihm nach den allgemeinen Grundsätzen der Gewinnermittlung eine Gewinnrealisierung eintritt. Die auf S entfallenden stillen Reserven der Immobilie von 30.000 EUR werden zwangsläufig realisiert. Hiermit ist ein laufender Veräußerungsgewinn – kein Entnahmegewinn[3]- des S in Höhe von 30.000 EUR (= Wert Grundstück 200.000 EUR ./. aufgestockter Buchwert von 170.000 EUR) verbunden (Buchungssatz: Abfindungsschuld 200.000 EUR an Grundstück 170.000 EUR und Veräußerungsgewinn 30.000 EUR).

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