Rz. 48

In der Praxis finden sich noch weitere Kennzahlen, wie etwa die Zinsdeckung, in der das Ergebnis vor Zinsen und Steuern ins Verhältnis zu den Zinszahlungen gesetzt wird. In enger Verbindung zur oben dargestellten Systematik des Bonitätsrisikos gibt sie Aufschluss darüber, wie stark der Bruttogewinn der Unternehmung die zu zahlenden Zinsen überragt bzw. welche Schwankungsbreite des operativen Ergebnisses ohne eine Beeinträchtigung des Schuldendienstes tragbar ist. Insofern sollte das Unternehmen das System durch Erfahrungen im Ratingprozess stets erweitern. Zur Ermittlung eines abschließenden Ergebnisses der quantitativen Analyse sind die einzelnen Risikoeinstufungen für die Kennzahlen zu einer einzigen Risikoeinstufung zu aggregieren. Die Gewichtung der einzelnen Kennzahlen wird von den Banken jedoch nicht veröffentlicht und ist i. d. R. auch den Kundenbetreuern nicht bekannt, sodass nur allgemeine Aussagen zur Wichtigkeit der einzelnen Kennzahlen im Ratingprozess gemacht werden können.

 

Rz. 49

Eine Gleichgewichtung der Kennzahlen würde nicht dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Banken einigen der betrachteten Kennzahlen eine höhere Bedeutung beimessen als anderen.[1] In der Regel wird die Eigenkapitalausstattung am stärksten gewichtet, ebenso wie die Cashflow-Rate und die Gesamtkapitalverzinsung. Auch das Kreditorenziel spielt eine übergeordnete Rolle.[2] Für die anderen Kriterien war keine spezielle Gewichtung zu ermitteln, sodass hier von einer Gleichgewichtung ausgegangen werden soll. Im vorgestellten Selbstratingsystem erhält somit die Eigenkapitalquote aufgrund einer subjektiven Einschätzung, die nur zum Teil auf empirischen Erkenntnissen basiert,[3] die höchste Gewichtung von 30 %, gefolgt von der Cashflow-Rate mit 20 % sowie der Gesamtkapitalrentabilität und dem Kundenziel mit jeweils 10 %. Die restlichen Kennzahlen gehen mit 5 % in das Ergebnis der quantitativen Analyse ein.

[1] Vgl. Hundt/Neitz/Grabau, Rating als Chance für kleine und mittlere Unternehmen, 2003, S. 99 ff.
[2] Vgl. Dicken, Kreditwürdigkeitsprüfung, 2. Aufl. 1999, S. 310 ff.
[3] Vgl. die Untersuchung von Fleischhacker/Kirchberger, ÖBA 2007, S. 17 ff.

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