Rz. 16

Die Branchenanalyse beinhaltet 2 verschiedene Arbeitsschritte: Zum einen sind Branchenvergleichszahlen für die im Rahmen der quantitativen Analyse zu berechnenden Kennzahlen zu generieren. Faktisch alle deutschen Kreditinstitute nutzen hierzu ihren eigenen Datenbestand an Jahresabschlüssen ihrer Kunden sowie entsprechende Branchenanalysen und nehmen eine tiefgehende Unterteilung der Branchen (bis zu 1.800 verschiedene[1]) vor. Da mittelständische Unternehmen i. d. R. keinen Zugang zu diesen Daten haben, können sie entsprechende Vergleichswerte nur aus öffentlich zugänglichen Quellen entnehmen, also z. B. aus statistischen Datenbanken der Bundesbank oder des Statistischen Bundesamtes, über die Branchenverbände, aus entgeltlich erworbenen Branchenberichten nationaler oder internationaler Agenturen oder aus anderen Quellen. Eventuell zeigt sich auch die eigene Hausbank kooperationsbereit und stellt Werte zur Verfügung. Problematisch ist bei allen Vergleichswerten, dass die konkrete Berechnung sehr unterschiedlich sein kann und somit die Vergleichbarkeit erheblich eingeschränkt ist.

 

Rz. 17

Zum anderen besteht die Branchenanalyse in der Analyse der Unternehmensumwelt, insbesondere den Marktgegebenheiten, den politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, der Konjunktur und der technologischen Entwicklungen. Dieses Vorgehen entspricht weitestgehend der Umweltanalyse, wie sie im Rahmen der strategischen und langfristigen Unternehmensplanung durchgeführt wird. Diese Untersuchung bildet im Unternehmen die Grundlage für die operative Planung und somit für den Einsatz von Unternehmensressourcen. In der Analyse ist lediglich auf das Risiko im engeren Sinne (also die Möglichkeit einer negativen Zielverfehlung) einzugehen. Sich verändernde Umfeldbedingungen stellen zwar auch stets eine Chance für das Unternehmen dar, sich durch eine bessere Anpassung an die Veränderungen von den Konkurrenten abzuheben und damit die Erwartungen zu übertreffen, doch wird im Rahmen des Ratings nur nach den Risiken gefragt. Die konkreten Kriterien lassen sich in die Bereiche politische/rechtliche Rahmenbedingungen, Konjunktur, gesellschaftliche Einflüsse, Markt und Technologie einordnen[2] und sind im Rahmen des Selbstratings über kurze Fragekataloge mit einer Scoringsystembewertung umgesetzt. Letztlich stellt diese Branchenanalyse eine Risikoidentifikation im Rahmen eines Risikoma­nagementsystems dar.

[1] Vgl. Meyer, Kunden-Bilanzanalyse der Kreditinstitute, 2. Aufl. 2000, S. 282.
[2] Vgl. z. B. Müller/Brackschulze/Mayer-Fiedrich, Finanzierung mittelständischer Unternehmen nach Basel III – Selbstrating, Risikocontrolling, Finanzierungsalternativen, 2. Aufl. 2011, S. 46 ff.

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